6835155-1975_10_08.jpg
Digital In Arbeit

Bischöfe per Dekret

Werbung
Werbung
Werbung

Erzbischof Luigi Foggi, päpstlicher Botschafter mit Sonderaiufgaben, traf am 10. Jänner dieses Jahres in Bukarest ein. Den Zweck seines Besuches umriß der Pressechef des Vatikans, Federico Alessandrini, als „Fortsetzung des Dialogs mit osteuropäischen Ländern“. Denn Erzbischof Poggi ist auch ständiger Delegationsführer bei den Verhandlungen mit Polen. (Er wird Warschau im Februar wieder besuchen.)

Obwohl die diplomatischen Beziehungen zwischen Rumänien und dem Heiligen Stuhl am 17. Juli 1948 abgebrochen wurden, zeigte sich in den letzten Jahren ein latentes Interesse an einer Verbesserung der Kontakte. Dieses Interesse ist eng verknüpft mit dem Bemühen Ceau- sescus, sein Land wirtschaftlich gegen den Westen zu öffrien und ein „liberales Image““ zu kreieren. Ob das zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen führen wird, ist noch offen. Fest steht aber, daß die Gespräche auf „politischer Ebene“ in letzter Zeit einen bemerkenswerten Aufschwung genommen haben: 1968 besuchten Rumäniens Premierminister Maurer und

Außenminister Manescu „inoffiziell“ den Heiligen Vater.

Paul VI. empfing am 26. Mai 1973 Nicolae Ceausescu und dessen Frau.

Die rumänische Regierung anerkennt eigentlich nur die katholische Diözese von Alba Julia, geleitet von Bischof Aron Marton. In dessen Amtsbereich fällt auch die katholische ungarische Minderheit in Transsylvanien. Bischof Märton befand sich noch 1955 im Gefängnis. Erst 1971 war es dem Heiligen Stuhl möglich, einen Koadjutor zu ernennen, nämlich den ebenfalls ungarisch-stämmigen Anton Jakab. Er hat das Recht auf die Nachfolge des greisen Bischofs Märton. Ceausescu erlaubte ihm auch, an der römischen Bischofssynode im Oktober des Vorjahres teilzunehmen.

In einem Interview mit dem italienischen Journalisten Franco Picci- nini betonte Ceausescu, „obwohl wir keine diplomatischen Beziehungen mit dem Vatikan pflegen, würde ich sagen, daß die Beziehungen gut sind“. Der Staatsohef erinnerte an seihen Vatikan-Besuch, und fügte hinzu: „Wir glauben, daß es im Sinne der Anstrengungen zur Ver besserung der europäischen Sicherheit Aussichten auf eine noch weitere Entwicklung dieser Beziehungen gibt.“

Aus diesen und anderen Äußerungen der Regimespitzen in Bukarest geht hervor, daß man den Dialog mit dem Vatikan ideologisch mit der Sioherheitsfrage verknüpft, um eventuelle Vorwürfe konservativer Marxisten abzuwehren. Gleichzeitig will man den Westen zwingen, die „sozialistischen Realitäten“ anzuerkennen.

Die Ziele des Vatikans hingegen lassen sich einfacher formulieren. Sie lauten: vorsichtige, aber dennoch aktive Ostpolitik soll die Toleränz- grenze der kommunistischen Machthaber gegenüber der Kirche und ihren Repräsentanten anheben und die Freiheit der Religionsausübung über ihre bis jetzt enggesteckten Grenzen hinaus erweitern. Aus vatikanischer Sicht kann für die Religion im Osten nur durch langsame diplomatische Aktionen etwas getan werden; kurzfristige positive Resultate lassen sich hingegen kaum erzielen.

Diese Denkweise liegt offenbar auch Bischof Poggis Reise zugrunde. Rumänien nimmt im Dialog mit dem Heiligen Stuhl eine ,mittlere Position“ ein. Ungarn und Polen liegen an der Spitze, nicht zuletzt deshalb, weil es dort mehr Katholiken gibt als in Rumänien. Am unteren Ende der Tabelle rangieren Bulgarien und die ČSSR. 1966 unterschrieb der Vatikan das „Belgrader Protokoll“, erreichte damit einen Modus vivendi mit Tito und unterhält seither diplomatische Beziehungen zu Jugoslawien.

Ein weiteres Problem, das sich in Rumänien abzeichnet, ist die unierte griechisch-katholische Kirche. Obwohl in Tradition und Liturgie dem östlichen Ritus verpflichtet, anerkennt diese Kirche den Papst als Oberhaupt.

Zuerst -gilt es wohl, die Zahl der katholischen Bischöfe in Rumänien wieder anizuheben, in erster Linie das Titularbistum von Lasi und Timisoara (Temesvär), oder das Erzbistum von Bukarest Zu installieren.

Zu Nicolae Ceausescus neuen Privilegien als Staatspräsident zählt auch das Recht zur Ernennung von Bischöfen. Das Dekret Nr. 150/1974, als Zusatz zum Artikel 21 der Vorschriften über religiöse Kulte, sieht vor, daß Metropoliten, Bischöfe, Superintendenten, apostolische Administratoren, administrative Vikare und andere Kirchenfunktionäre in ähnlicher Position ausschließlich durch Dekrete des Präsidenten in ihren Funktionen anerkannt werden. Andernfalls ist ihre Bestellung hinfällig.

Fazit: Der Vergleich zwischen

Ceausescus Lippenbekenntnissen und seinen De-fac’to-Entscheidungen zeigt deutlich, wie Rumäniens Führer mit zweierlei Maß mißt. Das ist inzwischen in fast allen Bereichen zur Maxime seiner (im Westen so oft fälschlich als „liberal“ interpretierten) Politik geworden: Nach außen schöne Worte, im Inneren die stran- gulierend-straffen Zügel des Neo- Štalinismus.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung