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Bisher nur Ladenhüter

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Was ist aus ihnen geworden, den neuen Technologien für den Umweltschutz? Wärmepumpe und Katalysator erweisen sich bisher leider nur als teure Ladenhüter.

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Was ist aus ihnen geworden, den neuen Technologien für den Umweltschutz? Wärmepumpe und Katalysator erweisen sich bisher leider nur als teure Ladenhüter.

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., „Wenn Sie sich gerade ein Haus bauen und noch 100.000 Schilling zu verplanen haben, dann werden Sie sich um das Geld vielleicht einen noch schöneren Verputz leisten, aber kaum in eine Wärmepumpe investieren.“ Walter Czy-ka, Ingenieur einer Vertriebsfirma für Wärmepumpen, macht sich keine Illusionen über die Investitionsbereitschaft in umweltschützende Technologien.

Die Wärmepumpe ist nämlich — ebenso wie der Katalysator—eine jener Antworten, die die Technik auf Umweltbelastungen durch Energieerzeugung gibt. Sie entzieht —je nach System—entweder dem Grundwasser oder der Außenluft die natürliche Warme und wandelt sie in Warmwasser um.

Beheizt man nun mit solch einem System Haus oder Bad, ergibt sich gegenüber öl-, Gas- oder Elektroheizung ein um zwei Drittel niedrigerer Energieverbrauch. Weniger verbrauchte Energie bedeutet wiederum weniger Umweltbelastung.

• Der Katalysator verringert ebenfalls die Umweltbelastung: Giftige Stickoxide und Kohlenwasserstoffe werden in harmloses Wasser, in Kohlendioxid (COt) und Stickstoff umgewandelt/Da die Reduktion der für das Waldsterben verantwortlichen Stoffe bis zu 90 Prozent beträgt, wird der Katalysator von Wissenschaftlern, Regierung und Autofahrerorganisationen gleichermaßen begrüßt.

Dennoch muß man einen Nach-teil im Auge behalten: Das an sich ungiftige COj wird durch Katalysatorautos in weit größerer Menge in die Atmosphäre geblasen als bei herkömmlichen Autos. Und das ist auch nicht unbedenklich.

Wärmepumpe und Katalysator haben jedenfalls eines gemeinsam: Sie sind — zumindest was die Anschaffung anlangt — teuer und erweisen sich bisher als Ladenhüter.

Zum mangelnden Absatz von Wärmepumpen dürfte nach Aussagen der Hersteller neben fehlendem Bewußtsein und zusätzlichen Kosten von 80.000 bis 100.000 Schilling auch noch eine zu geringe Förderung seitens des Bundes verantwortlich sein. Einige bürokratische Hindernisse zur Bewilligung der Entnahme des für manche Modelle notwendigen Grundwassers tun ein Übriges.

Der Katalysator verursacht bei der Anschaffung ebenfalls Mehrkosten von 10.000 bis 20.000 Schilling gegenüber einem herkömmlichen Fahrzeug. Die Bundesregierung wollte daher seine Anschaffung schmackhaft machen: Prämien bis zu 7000 Schilling schafften einen (wohl zu geringen) Anreiz. Mehr Nachdruck soll ab Oktober 1986 die Höherreihung in der Kraftfahrzeugsteuer für Neuzulassungen ab 1500 Kubikzentimeter Hubraum ausüben. Ab 1987 ist der Katalysator für alle neuen Autos dieser Klasse Pflicht. Und ein Jahr später gilt dasselbe für alle Neuwagen.

In den Zentralen von ÖAMTC und ARBO wird der Katalysator begrüßt. Großangelegte Tests zeigen, daß der Katalysatorwagen selbst nach 100.000 Kilometer immer noch signifikant weniger Schadstoffe produziert als ein gewöhnliches Auto. Auch das irrtümliche ein- bis zweimalige Tanken von verbleitem Kraftstoff anstatt des für den Katalysator verträglichen bleifreien Kraftstoffs bedeutet noch nicht das Ende des Abgasreinigers.

„Wenn Sie ins Ausland, etwa nach Italien fahren wollen, bieten wir eigene Karten, auf denen Tankstellen mit bleifreiem Benzin eingezeichnet sind. Wir stehen hinter dem Katalysator“, posaunt es aus der ÖAMTC-Zentrale. Andere Töne erklingen, wenn man sich beim Kundendienst der gleichen Organisation nach einem derartigen Plan erkundigt. Eine solche Karte gäbe es nicht, und die Fahrt mit dem Katalysatorwagen ins Ausland sei überhaupt ein Abenteuer. „Wenn Sie nur einmal verbleites Benzin verwenden, können Sie den Kat wegwerfen!“

Wie viele Österreicher sich bisher zum Kauf eines Katalysatorautos entschließen konnten, darüber schweigt man sich in den zuständigen Ministerien aus. Der Anteil an den Neuzulassungen seit 1985 dürfte aber den Promillebereich nicht überschreiten.

Wenn doch gelegentlich ein derartiges Fahrzeug angeschafft wird, so nicht wegen der vergebenen . Prämie, sondern wegen der Steuererhöhung, meinen die Auto-händler. Peitsche statt Zuckerbrot? Ja, zumindest nach dem Willen von Verkehrsplaner Hermann Knoflacher: „Der Staat soll endlich „re-a-gieren“, wobei Sie das ,a* ruhig weglassen können. Denn die Natur kann keine Kompromisse schließen, sie gehorcht dem Ursache-Wirkung-Prinzip. Auf bestimmte Schadstoffe reagiert sie also mit bestimmten Reaktionen, ob wir das wollen oder nicht.“

Statt der Zahl der verkauften Katalysatorfahrzeuge steigt jedenfalls der Dieselanteil an den Neuzulassungen signifikant: Wurden 1985 insgesamt 33.000 Dieselfahrzeuge verkauft, so waren es bereits im ersten Halbjahr 1986 fast genausoviel.

Der Dieseltreibstoff ist allerdings nicht unumstritten: Zwar erfüllt er die bei uns gültigen Abgasnormen, dennoch produziert er doppelt soviel Stickoxide wie ein Katalysatorauto. Der Anteil an Kohlenwasserstoffen hingegen beträgt nur ein Drittel des Kat-Autos.

Welche Stoffe in den Abgasen soll man nun bevorzugt reduzieren? In einem vom „Kuratorium rettet den Wald“ vorgelegten Forschungsbericht wird vor einer einseitigen Reduktion von Schadstoffen gewarnt, da diese das Waldsterben begünstigen würde.

Notwendig wäre wohl ein Gesamtkonzept zur gezielten und kontrollierten Reduktion aller von Verkehr, Haushalt und Industrie verursachten Abgase.

Auch am Beispiel des bisherigen Fehlschlags von Wärmepumpe und Katalysator wird klar, daß selbst technisch funktionsfähige Lösungen nur dann zum Tragen kommen, wenn sie in einem umfassenden Konzept einer neuen Energiepolitik eingebettet sind.

Doch auch das Umweltbewußtsein der Konsumenten scheint nur soweit zu reichen, als es nicht mit Mehrausgaben verbunden ist, darüber sind sich alle Händler einig. Kann sich solch ein Bewußtsein aber auch ändern, solange die Tempobolzer unter den Politikern den falschen Weg vorleben?

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