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Blanker Unsinn ?
Bundeskanzler Bruno Kreisky bezeichnete am Samstag Alois Mocks Erklärung zur Lage der Nation in Wahlkampfstimmung als „blanken Unsinn“.
Ich glaube, hier schon so oft heftige Kritik am Wirtschaftskurs der OVP geübt zu haben, daß ich es wagen kann zu sagen, ohne in den Geruch eines OVP-Wahlhel- fers zu kommen, daß ich Mocks Belvedere-Erklärung für die konzeptivste, zugleich aber realistischste und mutigste, jedenfalls aber diskussi-
onswürdigste Äußerung eines Spitzenpolitikers zur Wirtschaftspolitik seit langem halte.
Ich glaube, daß man aus dieser Erklärung sehr wohl erkennen kann, was Alois Mock unter dem vielzitierten Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik versteht.
Für realistisch halte ich Mocks Erklärung zur Lage der Nation, weil sie darauf verzichtet, für den Fall einer OVP-Regierung Wunderdinge zu versprechen, sondern darauf hinweist, daß für die Umsetzung zwei Legislaturperioden notwendig sein werden. Mock skizziert dabei drei Phasen:
Eine erste, in der es zu einem Belastungsstopp kommen muß, innerhalb dessen über sehr wohl Belastungsumschichtungen (z. B. zur Förderung der Investitionstätigkeit) denkbar sind. In einer zweiten Phase soll es zu einer grundsätzlichen Steuerreform mit einer Senkung der Steuersätze nach Beseitigung überholter Ausnahmeregelungen, und erst in einer dritten zu einer echten Steuersenkung kommen, die aber, so Mock, nicht notwendigerweise zu Mindereinnahmen führen muß.
Mutig sind die Vorschläge, weil sie — im Gegensatz zum derzeitigen Regierungskurs — auch an liebgewordenen Gewohnheiten und Rechten der eigenen Kernschichten rütteln (beispielsweise bei den Beamten).
Konzeptiv sind sie, weil sie, anders als es die jetzt von den Medien gespielte Polarisierung auf Sparzinsensteuern ja — nein vielleicht vermuten läßt, nicht nur punktuell und nicht nur Einnahmeneinsetzen und vor allem die wichtige Komponente Wirtschaftsklima im besonderen Maße berücksichtigen.
Gerade hier sind dem immer mehr im Stile einer politischen Spielernatur agierenden Kanzler (alles oder nichts) schwere Schnitzer passiert, indem er es zuließ, daß wochenlang unausge- reifte Vorschläge in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, was ganz automatisch zur allgemeinen Verunsicherung führen mußte.
Das Mock-Konzept ist in dem einen oder anderen Punkt (beispielsweise Kredite zu fixen Zinssätzen) sicher noch erklärungsbedürftig. Diskussionswürdig aber schon deshalb, weil es sich um einen wirtschaftspolitischen Ansatz handelt, der endlich weg vom Defaitismus der Defensivstrategien führt.
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