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Blaue Scherben warnen

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Allergie-Patienten, die bestimmte Injektionsflüssigkeiten daheim aufbewahren, kann es neuerdings passieren, daß der Arzt beim Offnen der Packung drei von winzigen Glasscherben und einer blauen Flüssigkeit beschmutzte Fläschchen vor sich hat und feststellt, das Präparat müsse leider neu beschafft werden.

Immer wieder werden in Österreich Problemlösungen nach Maß entwickelt, die beispielgebend wirken. Jüngstes Exempel ist die geschilderte, im Prinzip einfache, aber wirkungsvolle Vorkehrung gegen verhängnisvolle Zwischenfälle bei der Verabreichung von AUergie-Arzneimitteln, die irgendwann, irgendwo einer zu niedrigen Temperatur ausgesetzt waren.

Fachleute des österreichischen Pharma-Unternehmens Bender leisteten einen Beitrag zur Arzneimittel-Sicherheit. Sie entwik-kelten einen Indikator, der die Gefahr unterbindet, daß es zu einer dramatischen Uberdosierung kommt, wenn übersehen wird, daß die Injektionsflüssigkeit zufällig einmal, möglicherweise kurzfristig, gefroren war. Seit einiger Zeit verhindert er, daß das Präparat nach dem Auftauen irrtümlich verwendet wird.

Es handelt sich um ein Beispiel für das rechtzeitige Reagieren auf eine erkannte Gefahr — bevor Menschen zu Schaden gekommen sind.

Die Entwicklung, von der hier berichtet wird, ist eine rein österreichische. Das Spezialpräparat für Allergie-Patienten, dem der Indikator beigepackt wird, heißt Pangramin und dient der Immuntherapie. Dabei wird dem Patienten eine Zubereitung genau jener Gräser- und Baumpollen, Pilzsporen und so weiter injiziert, gegen die er aUergisch ist. In stufenweise steigenden Dosen verabreicht, führt die Behandlung im Lauf von rund drei Jahren zu einer Hyposensibilisierung, das heißt, der Patient wird gegen das betreffende Allergen weitgehend unempfindlich.

Der Impfstoff wird für den jeweiligen Patienten individuell hergestellt. Drei Fläschchen enthalten ihn in steigender Dosierung. Gefriert er, kommt es zu einer Uberdosierung — und bei der Verabreichung zu einem „ana-phylaktischen Schock“, der im Extremfall tödlich verlaufen kann.

Medikamente werden zwar unter Vorsichtsmaßnahmen transportiert und in den Apotheken optimal gelagert, aber bei einem Injektionsmedikament, das nach der Übernahme durch den Patienten von ihm selbst bei fünf bis acht Grad, also im Kühlschrank,gelagert werden soll, kann eine Unterkühlung vorkommen.

Die Bender-Fachleute suchten daher nach einem Indikator, der das Arzneimittel unmißverständlich als verdorben kennzeichnet.

Die gefundene Lösung ist ebenso wirkungsvoU wie originell. In monatelangen Versuchen gelangte man zu einem kleinen, handgeblasenen Glaskügelchen mit „Stiel“, mit einer blauen Markierungsflüssigkeit gefüllt. Es wird, mit dem Hinweis, es nicht aus der Schachtel zu entfernen, den Styropor-Packungen des Medikaments beigelegt und platzt bei Untertemperatur.

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