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Bleibt 007noch anonym?

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Ein Richtlinienvorschlag der EG-Kommission sieht die Ausweisleistung jedes Bankkunden am Bankschalter vor. Die Anonymität auf Spareinlagen kommt dadurch unter Druck.

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Ein Richtlinienvorschlag der EG-Kommission sieht die Ausweisleistung jedes Bankkunden am Bankschalter vor. Die Anonymität auf Spareinlagen kommt dadurch unter Druck.

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007, 12345, Elisabeth, Konrad, Jänner... Namen und Zahlen ohne jede Bedeutung? Keineswegs. Dahinter könnten sich Millionen verstecken, wenn es sich dabei um Losungsworte anonymer Sparbücher handelt.

Diese zweckmäßige Einrichtung gibt es in Österreich seit Beginn des vorigen, Jahrhunderts. Mit einem kurzen Zwischenspiel: 1938 wurde die Anonymität abgeschafft, um nach dem Krieg als damals dringend nötige „vertrauensbildende Maßnahme” wieder eingeführt zu werden.

Das anonyme Sparbuch, die „heilige Kuh” der Österreicher, kommt zwar immer wieder ins Gerede, doch es abzuschaffen „käme einem politischen Selbstmord gleich”, hört man aus Politikermund. Und so entgehen dem Finanzminister Schätzungen zufolge jährlich 14 Milliarden Schilling an Steuern auf Zinserträge.

Der Steuerentgang ist eine Seite der Münze, sozialpolitische und wirtschaftliche Argumente gegen die Anonymität die andere. Arbeit und Konsum seien relativ hoch besteuert, so argumentiert man im Finanzministerium, auch Investitionen von Kapital in Unternehmen sind dem Fiskus kaum zu verheimlichen und die daraus resultierenden Erträge unterliegen voll der Steuer. Warum dann nicht auch Einkommen aus Kapital?

Gäbe es die Anonymität nicht, würde man sogar „zwei Fliegen mit einem Schlag” erwischen, denn Sparguthaben sind, neben der Einkommensteuerpflicht für Zinserträge, vermögensteüerpflichtig. Ein Prozent von dem über den Freibetrag von 150.000 Schilling pro Person hinausreichenden Betrag reklamiert das Finanzamt für sich. Unter der Annahme, daß das am Sparbuch angesammelte Vermögen aus bereits versteuerten Einkommen stammt, würde es damit zusätzlich geschöpft.

Doch zur Zeit gibt es keinen Grund, sich Sorgen zu machen. So bestätigte das Ministerium, daß es „keinen Handlungsbedarf” bei den geltenden Anonymitätsvorschriften gebe, auch nicht wegen des Beitritts Österreichs zum Europäischen

Wirtschaftsraum (EWR), zu dem sich EG- und EFTA-Staaten zusammenschließen werden. „Meldungen, wonach die Anonymität in Österreich bereits zu Beginn des Jahres 1993 fallen wird, weil der Beitritt zum EWR Österreich dazu zwinge, alle geltenden EG-Vorschriften für Banken zu übernehmen, sind unzutreffend.” („Die Presse”, vom 9./10. Februar 1991.)

Zwar wird innerhalb der EG-Kommission die Anonymität auch diskutiert, wenngleich nicht aus steuerlichen Gründen. Die internationalen Bemühungen, den Fluß der Drogendollars einzudämmen, heizen dort die Diskussion an. So erstellte die EG-Kommission im April vergangenen Jahres einen „Richtlinienvorschlag”, der heute noch nicht viel anders aussieht. In diesem Maßnahmenpaket findet sich folgender Passus: „Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, daß Geldinstitute von ihren Kunden, wenn sie mit ihnen in Geschäftsbeziehung treten, Ausweisleistung verlangen.” Identifikation, laut EG-Kommission für jeden Kunden, unabhängig davon, ob er In- oder Ausländer ist, unabhängig vom Betrag. Wenn aus diesem „Richtlinienvorschlag” eine bindende

Richtlinie des Rates wird - was zur Zeit noch völlig offen ist - kommt die Anonymität bei einem Beitritt Österreichs zum EWR in arge Bedrängnis, denn die EG-Regelungen für Kapitalverkehr und Finanzdienstleistungen gehören zum „ E WR-relevanten Rechtsbestand ”. Doch wie gesagt, über einen Entwurf ist man innerhalb der EG-Kommission noch nicht hinausgekommen. Die Pro- und Kontra-Stimmen halten sich die Waage.

Drogengeldern und Geldwäscherei, als Argumente gegen die Anonymität immer wieder angeführt, begegnen die österreichischen Geldinstitute mit der „Sorgfaltspflichterklärung”. Sämtliche österreichische Kreditinstitute verpflichteten sich damit, bei Bargeldeinzahlungen von mehr als 50.000 US-Dollar auf jeden Fall die Identität des Einzahlers festzustellen. Ausweispflicht besteht weiters bei der Eröffnung von Auslandskonten und bei Fremdwährungskonten für Inländer.

Von all diesen Debatten unberührt bleibt das Bankgeheimnis, wonach Banken nur bei Vorliegen eines strafrechtlichen Tatbestandes über den Kontoinhaber Auskunft geben müssen.

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