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Blumensträuße

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Die Bestrebungen zur Abschaffung der zweisprachigen Schule in Kärnten, die deutschsprachige und slowenische Kinder zusammenführt und einander verstehen lehrt, sowie die neofaschistische Kundgebung in Bozen, die zur Intoleranz, ja zum Haß gegen Österreich und die Rechte der deutschsprachigen Südtiroler aufrief, haben uns wieder daran erinnert, daß der Nationalismus im eigenen Lande, aber auch bei unseren Nachbarn und weltweit, lebenskräftiger und aggressiver ist als es den Anhängern der Völkerfreundschaft lieb sein kann.

Sowohl der Liberalismus als auch der Marxismus haben damit gerechnet, daß der Nationalismus und die Ablehnung von Minderheiten im Verlaufe des Fortschritts verschwinden oder doch stark an Bedeutung verlieren werden. Davon kann leider keine Rede sein: so klein kann eine Region oder Minderheit gar nicht sein, daß sich nicht nationale Konflikte, die immer auch solche der Humanität sind, an ihnen _ entzünden.

Zum Glück gibt es auch andere Stimmen und Haltungen, die sich zwar nicht immer durchsetzen, aber der Menschlichkeit und Vernunft wenigstens Gehör verschaffen. So hat der Kärntner Di-özesanbischof Egon Kapella-ri in einer in slowenischer Sprache gehaltenen Ansprache betont, daß die Zweisprachigkeit einen Wert darstelle und die Vielfalt der göttlichen Schöpfung manifestiere.

Er bediente sich in seiner Rede auch des Bildes von zwei Blumensträußen, die er in gemischten Pfarren seiner Diözese öfters erhalte und die er dann gerne zu einem gemeinsamen Blumenstrauß vereinige, um so die Zusammengehörigkeit der beiden Volksgruppen, die in Kärnten als Mehrheitsvolk und als Minderheit koexistieren, zu symbolisieren.

In der Tat ist dieses Bild geeignet, uns vor Augen zu führen, worum es im Verhältnis zwischen Nationen und zwischen Mehrheiten und Minderheiten geht: um die Pflege und Hege aller Blumen, die nicht nur als Einzelexemplare, sondern auch als Teile einer Art und Gattung, in Gottes Garten, der die Schöpfung ja darstellt, blühen und sich seiner Sonne, die wiederum ein Zeichen des göttlichen Wohlgefallens ist, erfreuen.

Leider gibt es viele, denen diese Vielfalt und Buntheit ein Dorn im Auge ist und die Blumen, die ihnen nicht zu Gesicht stehen, achtlos zertreten.

Wer so denkt und handelt, verwirkt aber nicht nur das Recht, begossen und beschienen zu werden, sondern fordert auch den Gott, der seine Sonne sogar über Gerechte und Ungerechte und erst recht über alle Völker und Volksgruppen scheinen läßt, sträflich heraus.

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