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Böhmens dritter Kardinal

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Nach dem Erzbischof Beran von Prag und dem Leitmeritzer Bischof] Trochta wurde nun dem Verweser der Prager Erzdiözese und Titu- lar-Bischof von Butu, František Tomasek, der Kardinalspurpur verliehen. 1899, also 19 Jahre vor dem Ende der Monarchie, geboren, wuchs er in dem politisch und kirchlich milden , Klima Mährens auf, wurde 1922, vier Jahre nach Gründung der CSR in einer nicht gerade kirchenfreundlichen Zeit Priester und wirkte dann als Seelsorger und Professor der Pädagogik an der theologischen Fakultät in Olmütz. Dieses durch Nationalsozialismus und „Protektorat” keineswegs beschauliche Leben erhielt nach Kriegsende und nach der Machtergreifung des Kommunismus 1948 hektische Züge. 1949 wurde er zum Titularbischof von Butu ernannt, durfte aber nicht als Weihbischof seiner Heimatdiözese wirken, denn der Staat anerkannte die Bischofsweihe nicht, und der Bevölkerung blieb sie verborgen. Internierung und nachfolgendes Wirken als Pfarrverweser folgte, bis er, völlig überraschend, gemeinsam mit zwei slowakischen Bischöfen am Zweiten Vatikanum teilnehmen durfte.

Als 1965 der seit langem amtsbehinderte Prager Erzbischof Beran zum Kardinal erhoben wurde und seine Heimat verlassen mußte, wurde Tomašek Administrator der Prager Erzdiözese. Diesen Posten hat er auch heute noch inne. Die Zeit des Spätstalinismus unter Slansky, wie den „Prager Frühling” und die nachfolgende Hu- sak-Zeit, zeigte TomaSek als bedächtigen, verläßlichen und klugen Verweser der ihm ursprünglich fremden und schwierigen Diözese. Der „Priester alten Schlages” blieb aber auch am Prager Hradschin vor allem der ideale Seelsorger, der bescheidene Mann und helfende Freund, der in engbegrenzten Möglichkeiten einsamer Hirte seiner zersprengten und verängstigten Herde ist.

Neben Erzbischof Tomašek werden am 27. Juni in Rom vier neue Kardinale den Purpur erhalten. Es sind dies der neue Erzbischof von Florenz und bisherige Stellvertreter des Staatssekretärs, Giovanni Benelli, dann der Präsident der Päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, Erzbischof Bemardin Gantin (Benin, Westafrika), der erst am Pfingstsonntag geweihte Erzbischof von München, Josef Ratzinger, sowie der Theologe des Päpstlichen Hauses, Luigi Ciappi OP.

Erzbischof Ratzinger haben wir bereits unmittelbar nach seiner Ernennung in der Nummer vom 8. April vorgestellt. Eine Würdigung des Erzbischofs Benelli folgt in einer der nächsten Nummern.

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