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Bomben zum Geburtstag des Erzbisdiofs

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Am 13. August wurde Erzbischof-Präsident Makarios III. von Zypern 60 Jahre alt. An Stelle der zu einem solchen festlichen Anlaß üblichen Jubelfeiern haben ihm die Extremisten aus seinem eigenen griechischen Lager Bomben und Geiselnahmen, die Führer der türkischen Minderheit neue Forderungen nach Zweiteilung der Inselrepublik in von Ankara bzw. Athen abhängige Marionettenstaaten auf dem für die NATO wie für die „Blockfreien“, und hier vor allem aus Sicht der nahöstlichen Araberstaaten, strategisch wichtigen Zypern präsentiert. Wird Makarios mit seinem Slogan von der „Zypriotischen Einheit und Unabhängigkeit“, was weltpolitisch der Heraushaltung der Insel aus dem Spannungshoch im östlichen Mittelmeer entspricht, von den Neutralisten, der Sowjetunion und neuestens auch von China gedeckt, so ist sein alter Verbündeter und heutiger Rivale General Grivas zum Vorkämpfer der Einbeziehung Zyperns in den Südostflügel der NATO geworden. Dieses eigentliche Anliegen steht hinter dem Schlagwort von der „Doppelten Enosis“, einem turko-griechischen Kondominium über die Inselrepublik, gegen das der 60jährige Makarios wie ein junger Löwe kämpft.

Diese Hartnäckigkeit und Zähigkeit ist ein Charakterzug der westzypriotischen Bergbauern, unter denen Makarios 1913 geboren und damals noch auf den weltlichen Namen Michael getauft wurde. Der heutige Staats- und Kirchenchef kam die ersten zwei Jahrzehnte seines Lebens nie über diesen abgelegenen Winkel am 2000 m hohen Troodos-Gebirge in der Provinz und Diözese Paphos hinaus. Noch heute pflegt er seinen Besuchern im Präsidentenpalais von Nikosia zu erzählen, daß er vor seinem 20. Geburtstag nicht einmal das Meer gesehen hatte, obwohl er auf einer Insel lebte.

Makarios' stille Bergjugend vor 1933, die er erst im Familienkreis und dann in der Klosterschule und als Novize verbrachte, hat sich in Zyperns neuester politischer und kirchlicher Situation als wichtige Stütze für den Erzbischof-Präsiden-ten erwiesen. Nur hier im Gebirge hätte der von Grivas seit Ende 1971 geführte Partisanenkampf seiner EOKA 2 gegen Zyperns linksliberales Regime um Makarios konkrete Erfolgsaussichten. So wacker die Bergler den General und seine Mannen jedoch im Freiheitskampf der ersten EOKA gegen die britischen Kolonialherren vor 1960 unterstützt hatten, so feindselig verhalten sie sich jetzt gegen den aus dem Athener Ruhestand „Zugereisten“, der den „Einheimischen“ Makarios verdrängen möchte. Ebensowenig hat der inzwischen abgesetzte Metropolit Gennadios von Paphos je richtige Chancen gehabt, aus seiner im Frühjahr mit anderen oppositionellen Bischöfen getätigten Wahl zum „Gegenerzbischof“ von Zypern an Makarios' Stelle praktischen Nutzen zu ziehen. Im Gegenteil haben ihn Bergbauern und -pfarrer mit Steinen und Tomaten begrüßt, als Gennadios seine erste „erzbischöfliche“ Visitationstour anzutreten versuchte. Schließlich sind Makarios' einstige Mitnovizen in den Klöstern am Troodos-Gebirge heute die führenden Äbte in der gesamten orthodoxen Kirche von Zypern. Sie haben sich im März bei der von Grivas inspirierten Meuterei von Makarios' Suffragan-Bischöfen sofort hinter ihren alten Klostergenossen gestellt und ihm die wichtigste kirchliche Stütze gewährt, bis dann im Juli die Interorthodoxe Synode von Nikosia den Erzbischof bestätigte und seine Rivalen ihrer Bistümer und Weihen verlustig erklärte.

Die Wende im stillen Leben des jungen Mönchs Makarios — mit diesem Ordensnamen hatte er den ursprünglichen Michael vertauscht — wurde durch den damaligen Erzbischof Makarios II. eingeleitet, der seinen künftigen Nachfolger ans Priesterseminar zum heiligen Barnabas nach Nikosia holte. Nach der Diakonats- und Priesterweihe wirkte Makarios einige Jahre als Seelsorger in der Hauptstadt Zyperns, das damals noch eine britische Kronkolonie war. Er nahm sich von Anfang an nicht nur der geistlichen, sondern auch der sozialen Nöte und der politischen Anliegen seiner Pfarrkinder an, was Makarios schon früh in Kontakt mit der zyperngriechischen Freiheitsbewegung brachte.

Ebensobald wurden die englischen Behörden auf seine Aktivitäten aufmerksam. Um Makarios Schwierigkeiten zu ersparen und ihm gleichzeitig durch höhere theologische Bildung den späteren Aufstieg ins Bistumsamt zu ermöglichen, schickte Erzbischof Makarios II. seinen Namensvetter an die orthodoxe theologische Fakultät von Boston in den USA. Makarios hat in seinen Amerikajahren aber nicht nur Dog-matik und Bibelkunde betrieben, sondern sich in erster Linie für die amerikanischen demokratischen und freiheitlichen Traditionen engagiert, die in denkbarem Gegensatz zur britischen Obrigkeitsverwaltung auf Zypern standen. Der innenpolitische Kurs des heutigen zypriotischen Präsidenten, der sich mannhaft dem Anschlußterror der EOKA 2 für die Ausweitung der autoritären Systeme Griechenlands und der Türkei auf das demokratische Zypern widersetzt, wurde schon damals durch Begegnung und Zusammenarbeit mit amerikanischen Demokraten geprägt.

In den USA erreichte ihn die überraschende Nachricht seiner Wahl zum zypriotischen Erzbischof nach dem plötzlichen Tod Makarios II. Klerus und Volk von Zypern hatten für den unbekannten Außenseiter in Amerika gestimmt, weil sie sich auf keinen der anderen wahlwerbenden Prälaten einigen konnten oder diese ihnen im schlechten Sinne bekannt waren.

Seit den frühen fünfziger Jahren begann sich Makarios III. für das Ende der britischen Herrschaft auf Zypern einzusetzen. Die Zukunft der Insel schien ihm durch Vereinigung mit dem damals demokratischen und stabilen Griechenland, das ähnlich wie Zypern über eine türkische Minderheit verfügt, gesichert. So vereinigte der Kirchenfürst seine Kräfte .mit dem aus Hellas nach Zypern eingeschleusten Grivas, der im Untergrund auf die „Enosis“, den Anschluß an Athen, hinarbeitete.

Nach dem Zwischenspiel der Verbannung auf die Seychellen hielt sich Makarios selbst 1959/60 in Athen auf, wo er die ersten Enttäuschungen mit dem griechischen Mutterland erleben mußte und sein „Enosis-Modell“ zu revidieren begann. Das Ergebnis war der Vertrag von Zürich, der aus Zypern eine unabhängige, einheitsstaatliche Inselrepublik mit proportioneller Regierungsbeteiligung von Griechen und Türken machte.

13 Jahre steht der an einem 13. geborene Makarios nun schon als Präsident an ihrer Spitze. Er bezeichnet die „13“ als seine Glückszahl und ist überzeugt, audi dieses kritische Jahr zu überdauern.

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