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Bonner Denkzettel für die Kirche

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Das Bundestagsvotum für eine Fristenlösung in Westdeutschland wird viele Folge haben. Die CDU ist innerlich gespalten. Eine solche Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes wird Signal für andere europäische Staaten sein. Die Kirchen, zumal die katholische, müssen sich fragen, wie sie in einer so wichtigen Frage wieder mehr Einfluß, mehr Glaubwürdigkeit bekommen. Derzeit läuft vieles schief, wird vieles mißverstanden.

Man nimmt der Kirche nicht ab, daß sie sich zum Schutz der Menschen - ob ungeborenes Kind oder Mutter - einsetzt, und meint, sie sei nur für mehr Strafe. Es ist nicht gelungen, klarzumachen, daß das „Objekt" der Abtreibung ein Mensch ist. Die Frage nach dem Beginn menschlichen Lebens wird als „ideologisch gestellt", „rein religiös motiviert" abgetan. Ärzte und Naturwissenschaftler entschlagen sich meist der Antwort.

Die katholische Kirche steht bei vielen von vornherein im Verdacht, die Rechte der Frauen zu wenig zu achten. Die Abtreibungsdebatte wird auch zum Protest der Frauen gegen eine „männerdominierte" Kirche und Gesellschaft. Die katholische Kirche erweckt durch verschiedene Äußerungen auch hochrangiger Vertreter den Eindruck, Empfängnisverhütung und Abtreibung seien gleich schwere „Delikte". Das untergräbt bei den einen die Glaubwürdigkeit der Aussage und irritiert bei anderen das Gewissen. Denn, wer das eine (zurecht?) nicht so schwer empfindet, wird das andere dann auch nicht so tragisch nehmen.

Die katholische Kirche hat sich nicht entschieden genug von jenen in den eigenen Kreisen distanziert, die den „Kampf gegen die Abtreibung unsachlich und fanatisch führen. In der ohnehin meist emotionell geführten Debatte werden Abtreibungsgegner dann vorschnell mit solchen „Kämpfern" gleichgesetzt.

Wieso kam die Kirche gerade in einer so lebensnotwendigen Frage in diese mißliche Lage? Vermutlich, weil das Problem so sehr in das intime Leben reicht, sexuelle Praktiken berührt, eine Grundhaltung dem anderen gegenüber - vom Mann zur Frau, von beiden zum Kind - offenlegt und man hier jede „fremde" Einmischung ablehnt. Vorurteile und Mißverständnisse sind zur Rechtfertigung ganz willkommen. Leider aber gibt die Kirche dazu auch manchen Anlaß.

Was wäre zu tun? Die eigene Argumentationsweise selbstkritisch zu überprüfen. Sich mit allen verbünden*, die sich für das Leben insgesamt einsetzen. Zur Verantwortung vor der Empfängnis deutlicher motivieren. Und dem christlichen Politiker jenen Freiraum geben, daß er, um größeres Übel zu verhindern, kleineres bisweilen tolerieren kann.

Das deutsche Votum wird noch viele nachdenklich machen.

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