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BOULEVARD MIT TRADITION

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Mehr Einkaufserlebnis in der Märiahilfer Straße: Mit einem neuem Konzept versuchen Kaufleute, die Konsumenten von den großen Shopping Center außerhalb Wiens wieder wegzulocken.

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Mehr Einkaufserlebnis in der Märiahilfer Straße: Mit einem neuem Konzept versuchen Kaufleute, die Konsumenten von den großen Shopping Center außerhalb Wiens wieder wegzulocken.

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Die Märiahilfer Straße, die sich gerade in der Ausbauphase befindet, möchte dem neuen Konsumtrend zu mehr Erlebnis und Abwechslung voll Rechnung tragen. Das Warenangebot wird noch deutlicher auf die Bedürfnisse des einzelnen Käufers zugeschnitten, einfacher und überschaubarer als bisher will man sich dem Kunden der neunziger Jahre präsentieren (siehe Kasten).

Rein optisch wirkt sich dies bereits deutlich aus. Von der Babenberger-straße bis über den Westbahnhof hinaus entsteht ein völlig neue Gesicht dieses stark frequentierten „Einkaufsboulevards". Nicht nur die Straße selbst wird saniert, viele der Geschäfts- und Wohnhäuser bekommen einen frischen Anstrich, Neubauten werden errichtet. Und während sich die Linien 52 und 58 noch ihre Wege durch das Baustellenchaos bahnen, baggert man „unter Tag" bereits für die U-Bahn.

Licht am Ende des Tunnels wird es sogar schon früher als ursprünglich geplant geben: Anfang September 1993 soll die U3 (bis Westbahnhof) den Betrieb aufnehmen. Ab Juni werden die Straßenbahnen auf dieser Strecke nicht mehr verkehren.

Da die U-Bahn aber kein Verkehrsmittel für Kurzstrecken wie die „Bim" ist, sind für jede Station mehrere Ausgänge vorgesehen. Diese werden sich praktisch über die gesamte Märiahilfer Straße ausbreiten und daher keine wirkliche Lücke entstehen lassen. So soll etwa der Stationsbereich Kirchengasse bis zur einige hundert Meter entfernten Esterhäzygasse Ausgänge bekommen.

Für zusätzliche Citybusse tritt jedoch die Wiener Handelskammer ein, um das öffentliche Verkehrsnetz auch an der „Oberfläche" abzudecken.

Bis zur endgültigen Fertigstellung der Verkehrsmittel wird sich - so ist es geplant - die Märiahilfer Straße bereits als die „neue alte" Einkaufsstraße zeigen. Sechs bis zwölf Meter breite Gehsteige erreichen dann im Querschnitt etwa die Dimension der mondänen Kärntner Straße in der Innenstadt. Platz haben dann weniger die parkenden Autos, sondern in erster Linie bummelnde Passanten, Straßencafes und Schanigärten. Vorrang werden grundsätzlich ohnehin Fußgänger und Radfahrer haben.

Für den an sich funktionslosen Durchzugsverkehr will man das Befahren durch Ampelsteuerungen und bauliche Maßnahmen unattraktiv machen. Als zusätzliche „Schikane" ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h vorgesehen. Autofahrende Kunden sind trotzdem gerne in der Märiahilfer Straße gesehen: In sechs der elf Parkgaragen in und um die Einkaufsstraße kann mit Geschäfts-Gutscheinen für eine Stunde gratis geparkt werden.

An jenem Ende der Märiahilfer Straße, das heute praktisch fertig ausgebaut ist (zwischen Getreidemarkt und Stiftgasse) beginnt man bereits, Bäume anzupflanzen. Stärkere Begrünung war einer der vielgeäußerten Wünsche der Märiahilfer Konsumenten. Daneben verlangte man auch nach einer attraktiveren Oberflächengestaltung sowie hochwertigeren Waren. Als positiv wurde und wird die Geschäftsvielfalt angesehen sowie die gute Erreichbarkeit. Etwa zwei Drittel der Kunden benutzen öffentliche Verkehrsmittel, um in der Märiahilfer Straße einzukaufen. Nur neun Prozent steigen zu diesem Zweck in ihr Auto (siehe Grafik).

Zu den Negativfaktoren zählt dennoch die Verkehrssituation in dieser Geschäftsstraße. Neben Menschenmassen beim Einkauf empfinden die Käufer jtj die Baustellen im Zuge des U-Bahn-Baus als störend. Auch durch den vieldiskutierten „Osttourismus" in den vergangenen Jahren verlor Mariahilf an Ansehen und Marktanteilen -hauptsächlich an größere Shopping Center. Die Wiener Handelskammer und das Wirt-schaftsförderungsinstitut unterstützen nun die Händler der Märiahilfer Straße beratend und auch finanziell, um den „Boulevard" wieder zu dem zu machen, was er schon in den letzten Jahrhunderten war: Die führende Geschäftsstraße Wiens.

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