7045930-1990_33_03.jpg
Digital In Arbeit

Brandstifter

Werbung
Werbung
Werbung

Er ist ein „Irrer", ein „Des- pot", ein „Mann der blutigen Tat": Saddam Hussein, der „Brandstifter von Bagdad". Alle diese Kennzeichnungen, und noch viele andere, konnte man in den letzten Tagen in westlichen Zeitungen lesen. Vergleiche mit Hitler wurden angestellt, und auch dem „größten Feldherrn aller Zei- ten" wurde einst ja das Attri- but „Teppichbeißer" verpaßt, um seinen zerrütteten Geistes- zustand zu charakterisieren.

Die Krise am Persischen Golf zeigt, was in Zukunft an Kriegsmöglichkeiten auf die Welt zukommt. Die Polarität zwischen Ost und West schwin- det, der große Atomkrieg scheint keine direkte Bedro- hung mehr zu sein, aber die Möglichkeit regionaler Kon- flikte mit schwerwiegenden Folgen dürfte größer gewor- den sein.

Daß die Annexion Kuweits nicht als innerarabisches Pro- blem ignoriert wurde, hängt nicht mit einer besonderen mo- ralischen Sensibilität der hoch- zivilisierten Staaten zusam- men, sondern mit den Nach>- wirkungen des Ölschocks aus dem Jahr 1973. Ohne beson- ders polemisch zu sein könnte man sogar sagen, daß die Bie- dermänner der Industrienatio- nen erst die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, daß Saddam Hussein zum Brand- stifter werden konnte.

Nicht nur die Sowjetunion, China und die Tschechoslowa- kei haben dem Irak Waffen geliefert-auch Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland und Italien sorgten dafür, daß ein angeblicher Irrer die rich- tigen Instrumente bekam, um zur „blutigen Tat" schreiten zukönnen. Österreichs Beitrag wird möglicherweise im Herbst noch näher erörtert werden, wenn der Noricum-Prozeß mit der Einvernahme prominenter Politiker und Ex-Politiker in die nächste Runde geht.

Mit Waffen sind nicht nur Panzer, Kanonen und Geweh- re gemeint. Auch hier zeigen die Vorgänge im Irak düstere Zukunftsperspektiven auf. Es ist gar nicht unmöglich, daß Saddam Hussein in den Besitz von Nuklearwaffen samt Trä- gerraketen kommt. Und nicht nur er. Jüngst stellte William Webster, der Direktor des US- Geheimdienstes CIA fest, daß „um das Jahr 2000 vierzehn Entwicklungsländer in 'der Lage sein werden, ihre eigenen ballistischen Raketen zu pro- duzieren".

Überflüssiges Rüstungsgut wird an Entwicklungsländer weiterverscherbelt, und selbst brisantes Know-how der Hochrüstung findet gegen gutes Geld seinen Weg in al- le möglichen Gegenden. Sad- dam Hussein ist nicht der ein- zige Brandstifter. Die Irren vermehren sich und finden genug nützliche Intelligenz- ler, die ihnen hochqualifizier- te Vernichtungswaffen in die Hand drücken.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung