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Brauchen wir Väter?"

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Ein Großteil der „typischen" Vaterfunktionen der Vergangenheit - Geldverdienen, Ernähren, Erziehen, Beschützen - haben längst die Frauen gut übernommen, und dies nicht erst seit des heutigen Frauenrechtsrummels. Man denke nur an die vielen Kriegswitwen * nach 1945.

Heute mehr denn je entscheiden kinderliebende Frauen, daß sie ihre Sprößlinge lieber alleine, das heißt ohne Mann, haben wollen. Nur zur Erzeugung benötigen sie ihn'noch, aber später nicht mehr. Der Mann wird als der unbrauchbare, zusätzlich belastende Dritte im Bunde oft gar nicht erst akzeptiert. Ist diese Entwicklung, auch wenn sie so ist, wie sie ist, gut?

Die Psychologin Hanne-Lore Canitz ging den Ursachen dieser familiären Gestörtheiten auf den Grund. Ein schwieriges, weil viel zu umfassendes Unternehmen für ein Buch, möchte man meinen. Muß hier nicht bis zu Adam und Eva zurückgegangen werden? Frau Canitz tut dies nicht. Sie entwirft eine Reihe von Grundtypen des Vaters.

Zuerst die patriarchalischen Väter: Die alles nach den Richtlinien von gestern weiterführen wollen. Väter, vor denen die Kinder Angst haben oder die auf die größeren Freiheiten ihres Nachwuchses ganz einfach neidisch sind. Diese Väter sind selbstverständlich disqualifiziert.

Aber auch die „nichtpatriarchali-schen Väter" kommen nicht viel besser davon. Das sind die mit der falschen Auffassung von Anti-Autorität: Die abwesenden Väter, die distanzierten Väter, die Väter, die die besten Freunde ihrer Kinder sein wollen, die kumpelhaften Väter und auch die Väter, die alles erlauben, erhalten miserable Zensuren.

Liest man die Typenbeschreibungen samt der daraus resultierenden Fehlverhalten bei den Kindern, entsteht ein völlig deprimierendes Bild. Lauter Vater-Versager.

Nach dieser hoffnungslosen Talfahrt des heute gängigen Vater-Images gibt es doch Hoffnung. Und diese Spur von Hoffnung qualifiziert dieses verständliche Fachbuch trotz allem als Anstoß für eine bessere Vater-Zukunft.

Frau Canitz führt aus, daß Väter sehr wohl unverzichtbar sind, sehr wohl von ihren Kindern benötigt werden. Der Ödipus-Komplex könnte wegfallen, wenn es nur eine bessere Vater-Sohn-Beziehung schon in frühesten Jahren gäbe.

Überhaupt sind Männer als Identifikationspartner sowohl für Buben wie für Mädel (das frühe Erleben des anderen Geschlechts) unerläßlich. Selbst Sozialkonflikte würden im Keime erstickt. Wo denn sonst sollten Kinder schon von früh an Partnerschaft kennenlernen, wenn nicht von ihren eigenen Eltern?

Dank ihrer besonderen („kindischen") Eigenheiten sind Väter auch ganz besondere Spielgefährten ihrer Kinder. Diese Aufgabe wird von ihnen und auch der Umwelt viel zu sehr unterschätzt.

Frauen sind im allgemeinen viel zu ernst, viel zu beschäftigt und viel zu humorlos, um mit ihren Kindern auch noch zu balgen, zu toben, zu albern. Männer beherrschen dieses Metier zum größten Glück der Kinder viel besser. Es lebe das Kind im Manne! Man denke auch an den Vater, der viel profunder und geduldiger komplizierte Zusammenhänge erklärt.

Es gäbe viele neue, schöne Aufgaben für den „väterlichen Vater", der in die Familie genau das einbringt, was er selbst am besten beherrscht. Auch Väter sollten in erster Linie volle Menschen sein mit Gefühlen, Gedanken und Taten, nicht nur die gestrengen Richter, die am Abend nach Hause kommen und mir nichts dir nichts nur nach den guten Noten in den Schulheften fragen.

VATER - DIE NEUE ROLLE DES MANNES IN DER FAMILIE. Von Hanne-Lore von Canitz. Econ-Verlag, Düsseldorf 1980, 256 Seiten, öS 215,60

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