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Braucht jedes Paar gleich einen Pakt?

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Der Plan von Familienministerin Maria Rauch-Kallat, für Heiratswillige einen verpflichtenden Ehevertrag mitsamt juristischer Beratung vor der Trauung einzuführen, um für den Eventualfall einer späteren Trennung vorzusorgen, ist auf juristische und grundsätzliche Bedenken gestoßen. Rechtsexperten fürchten eine Einschränkung der im Artikel 12 der Menschenrechtskonvention festgeschriebenen Eheschließungsfreiheit, auch wenn dieses Recht dort ausdrücklich einschränkend „gemäß den einschlägigen nationalen Gesetzen" verbrieft wird. Andere, wie etwa Vertreter des Katholischen Familienverbandes, sehen darin eine gefährliche „Sollbruchlinie" gleich zu Beginn eines gemeinsamen Lebensweges, quasi eine Vorbereitung auf die Scheidung.

Was in betuchten und erlauchten Kreisen, auch unter katholischen Partnern, gang und gäbe ist, nämlich Ehepakte abzuschließen, muß freilich weder Vorbild für alle sein noch sollte diese Vorgangsweise grundsätzlich als „Scheidungsvorsorge" diskreditiert werden.

Worum geht es? Eigentlich herrscht überhaupt große Sprachverwirrung. Der „Ehevertrag" ist nämlich, nachzuschlagen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, gar nichts anderes als die Eheschließung. Erst durch das Ehegesetz ist dieser Vertragscharakter in den Hinter- und die eheliche Lebensgemeinschaft in den Vordergrund getreten. Wovon also tatsächlich die Rede ist, sein sollte, sind sogenannte Ehepakte. Darin geht es um Gut und Geld.

Scheidungsrelevant? Im Fall einer einvemehmlichen Scheidung - und das betrifft heutzutage 90 Prozent der gescheiterten Beziehungen - ist ein Ehepakt im Regelfall ohnehin „für beide Teile erloschen". Nur für zehn Prozent der Fälle, etwa 1.600 Ehen im Jahr, wäre der Rauch-Kallat-Plan relevant. Und dafür sollen alle mit Pakten zwangsbeglückt werden?

Recht hat die Familienministerin aber damit, daß kaum ein Brautpaar vor dem Standesbeamten weiß, worauf es sich rechtlich einläßt, was ihm Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch oder Ehegesetz oder das Gesetz über die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe alles an Rechten und Pflichten auferlegt. Da geht es um das Kleingedruckte in dicken Wälzern. Eine kurze „Populärfassung" der wesentlichen Punkte, die den Paragraphendschungel in einfachen Sätzen lichtet, und die von den Brautleuten vor dem Standesbeamten zu unterschreiben wäre, könnte da ebenso aufklärend wie bewußtseinsbildend sein. Ohne den riesigen Aufwand, den ein verpflichtender Ehepakt brächte.

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