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Braver Hörfunk
Spätestens seit der Bereitschaft der SPÖ, das geänderte Rundfunkgesetz eventuell einer Volksabstimmung zu unterziehen, spekuliert man in Beobaohterkreisen über den möglichen Ausgang eines solchen Volksentscheids. Nun legte der Rundfunk selbst eine Meinungsumfrage vor, die ein „rotes“ und ein „schwarzes“ Institut gemeinsam erstellten: nämlich das Fessel-Institut (das wiederholt Meinungsumfragen für die ÖVP durchführte) und Karl Blechas „Institut für empirische Sozialforschung“. Blechas Ergebnisse sollen, so der ORF, nur innerhalb der Stichprobenfehler von den Fessel-Ergebnissen abgewichen sein.
Es mag deshalb für des Kanzlers Madienberater und SPÖ-Abgeord-neten Blecha eine Entscheidungsfrage werden, was er seiner Partei jetzt raten wird: Soll sie sich auf das Risiko einlassen, eventuell in einer Abstimmung ihre Rundfunkpläne in Scherben gehen zu sehen — oder sozusagen wider besseres Wissen gegen das Wollen der Bevölkerung die Rundfunfegesetznovelle mit ihren 93' Mandaten im Parlament durchziehen? Denn die entscheidende Frage, ob das bestehende Rundfunkgesetz geändert werden soll, beantworten 55 Prozent der Österreicher „eher mit Nein“. Nur 40 Prozent treten entweder eindeutig für eine Änderung ein oder halten sie zwar für notwendig, „aber nicht dringend“. Dazwischen liegt natürlich ein breites Spektrum Tran MfeWwmgsdil-ferenzierungen, die die eindeutige politische Ausrichtung der' Fragestellung erkennen lassen. So halten eine Änderung des Gesetzes im sozialistisch dominierenden Wien 34 Prozent für notwendig, im „schwarzen“ Westösterreich (Salzburg, Tirol, Vorarlberg) aber nur 19.
Das wohl interessanteste Ergebnis der jüngsten Meinungsforschung aus der ORF-Küche ist allerdings der Umstand, daß die gleichzeitig erkundete Meinung zum Programm von Hörfunk und Fernsehen in einem Zusammenhang mit der Einstellung zum Unternehmen Rundfunk (insgesamt) zu sehen ist. Je unzufriedener Bevölkerungsgruppen mit der Programmgestaltung sind, desto stärker ist offensichtlich ihre Bereit-
Fristenlösung verletzt Menschenrechte!
Die Pflichten des Staates erstrek-ken sich auch auf den Schutz des ungeborenen Lebens. Dies erklärtt Bundesrat Universitätsprofessor Herbert Schambeck am Mittwoch, dem 14. November 1973 in seinem Vortrag im Rahmen der von der Weltgesundheitsorganisation der UNO (WHO) und UNESCO in Genf veranstalteten Tagung über „Schutz der Menschenrechte im Lichte des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts in Biologie und Medizin“, den er nach deren Eröffnung durch den Schöpfer der UN-Menschenrechtsdeklaration, den Friedensnobelpreisträger Professor Reni Cassin, hielt. Er betonte dabei, daß den Staat eine doppelte Verpflichtung gegenüber dem ungeborenen Leben trifft: er muß einerseits sich selbst eigener Eingriffe in das ungeborene Leben enthalten und damit einer Achtungspflicht nachkommen und anderseits Angriffe auf das ungeborene Leben, die von Privaten ausgehen, abwehren, womi\ ihn eine Schutzpflicht trifft. Diese? Achtungs- und Schutzpflicht komm) der Staat nicht nach, wenn er im Sinne der Fristenlösung für einen bestimmten Zeitraum das ungeborene Leben rechtlich ungeschützt zw Disposition stellt. Anders wäre diet
bei der Indifcafcionenlösung, welche grundsätzlich das ungeborene Leben schützt und nur für bestimmte zu beachtende Grenzsituationen eine Eingriffsmöglichkeit zuläßt.
In diesem Zusammenhang verwies Schambeck auf den Art. 3 der UN-Menschenrechtsdeklaration (1948) und auf den Art. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention, welche beide das Recht auf Leben postulieren. Da die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte im Rahmen der österreichischen Verfassungsrechtsordnung den Rang eines Verfassungsgesetzes hat, meldet Professor Schambeck abermals verfassungrechtliche Bedenken in Hinblick auf die im Rahmen der österreichischen Straf rechtsreform vorgesehenen Fristenlösung an und meinte, daß es bedauerlich wäre, würden Staaten gerade zum 25-Jahr-Jubiläum der UNO-Menschenrechts-deklaration die Fristenlösung als Verletzung der Menschenrechte beschließen!
Neben der Abtreibung beschäftigt sich diese vom 14. bis 16. November in Genf stattfindende Tagung unter anderem auch mit Fragen der Sterilisation, Euthanasie und wissenschaftlichen Experimenten am menschlichen Körper.
schaft, die Rundfunkstruktur — via Gesetz — ändern zu wollen. Der einfache Rundfunkkonsument kann scheinbar vielfach nicht klar die vielschichtigen und komplizierten Probleme erkennen, die sich hinter der Fassade der „Rundfunkreform“ verbergen. Für ihn ist das täglich produzierte Programm — einschließlich der Unterhaltung — wichtigstes Einstellungskriterium.
Die neueste Befragung zeigt dies deutlich: wer sich täglich vor dem Fernsehapparat ärgert, möchte das Gesetz geändert wissen. Wer zufrieden ist, hält eine Gesetzesänderung für entbehrlich.
Dabei ist festzuhalten:
• Das Hörfunkprogramm wird von der österreichischen Bevölkerung
insgesamt als besser als das Fernsehprogramm angesehen. Bei einer Benotung (Noten 1 bis 5) gab die Bevölkerung dem Hörfunk die Durchschnittsnote von 2,25, dem Femsehen nur von 2,87.
• Je höher die Bildung des Befragten, desto zufriedener ist er mit dem Hörfunk. Der Hörfunk erhielt von den Hochschulabsolventen die beste Benotung irgendeiner Bevölkerungsgruppe überhaupt: nämlich 1,99. Das Femsehen blieb bei den Akademikern mit 2,97 weit abgeschlagen.
• Ein katastrophales Ergebnis erzielte das Femsehen in der TV-„Hochburg“ Wien, wo täglich 54 Prozent der Bevölkerung Femseher sind (in der Steiermark und Kärnten sind es nur 44 Prozent). Die Wiener benoten das TV-Programm gar nur mit 3,07 — die Bewohner der westlichen Bundesländer im Vergleich mit 2,73.
• Starke Unterschiede in der Bewertung finden sich in den verschiedenen Altersgruppen: je jünger die Befragten, desto zufriedener sind sie mit dem Hörfunk. Die Altersgruppe zwischen 25 und 60 Jahren ist mit dem Fernsehprogramm wesentlich unzufriedener als die mehr als 60jährtigen. Und das Erstaunlichste: die größte Zufriedenheit mit dem TV besteht unter den Bauern (etwa deshalb, weil sie durchwegs noch nicht so lange Fernseher sind — und noch „Freude an ihrem Kasten“ haben?).
Fazit der Untersuchung: der Rundfunk selbst ist der beste Arzt seiner selbst. Produziert er ein besseres Programm, nimmt die Bereitschaft ab, daß das Rundfunkgesetz geändert werden soll.
Kommt es aber zu einer Volksabstimmung, dann sicher nicht nur über jene Fragen, wde Regierungseinnuß, mehrere Intendanten, Gesellschafterversammlung — die seit gut drei Jahren die politischen Beobachter bewegen —, sondern vor allem über die Qualität des ORF-Programmangebotes.
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