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Bremsen für die Sexwelle

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Die sogenannte „sexuelle Revolution" geht zu Ende. Eine Meinungsbefragung der „Washington Post“ und des ABC-Fernseh- netzes stellte fest, daß Furcht vor Herpes mehr als die Hälfte der ledigen, amerikanischen Jugend veranlaßte, ihre Freude am beiläufigen Geschlechtsverkehr zu zügeln.

Gleichzeitig berichtete der „San Francisco Chronicle“, daß die

Angst vor AIDS (oder Acquired Immune Deficiency Sandrome, eine Krankheit, die Homosexuelle befällt) den wahllos, ungebundenen Partnerwechsel in dieser Hochburg der homosexuellen Selbstbefreiung wesentlich einengt.

Die Psychologin Jay Browne faßte diese bemerkenswerte Entwicklung in ihrer populären Rundfunk-Fragestunde folgendermaßen zusammen: „Die .freie Liebe trägt den Preis besonderer

Gesundheitsrisken, welche weiten Kreisen erst allmählich bewußt werden. Dieses Risiko scheint immer weniger jungen Leuten das Erlebnis einer Nacht zu rechtfertigen.“ Ähnlich wie früher Besorgnis um Schwängerung zwingt Herpes das Volk zur Besinnung.

Man möchte meinen, daß die Geschichte sich wiederholt. Einschleppung der Lustseuche Syphilis aus dem neuentdeckten Amerika hatte der Verlotterung der Sitten im mittelalterlichen Europa ein Ende gesetzt.

Herpes, besser gesagt der Virus Herpes simplex Typ zwei, beeinträchtigt bereits das Leben von mindestens fünf Millionen Amerikanern, möglicherweise sogar von 20 Millionen. Die Schätzungen divergieren soweit, weil die Scheu, eine Geschlechtskrankheit einzugestehen, gegen die noch kein Mittel hilft, die Berechnungsbasis verzerren.

Jedenfalls ist ein beträchtlicher Teil des undiskriminiert, sexuell aktiven Bevölkerungsteils mit dieser unheilbaren Krankheit behaftet. Je mehr über die Seelennot dieser „Aussätzigen“ gesprochen

und geschrieben wird, desto vorsichtiger verhalten sich Zeitgenossen, welcher weder moralische noch religiöse Rücksichten zu sexueller Selbstdisziplin veranlassen würden.

Während Herpes nur als überaus peinlich, aber keineswegs lebensgefährlich gelten, sind die Seuchen, welche Homosexuelle befallen, letal. AIDS wurde erst vor knappen 16 Monaten medizinisch identifiziert. Von den 634 Fällen, die in den USA festgestellt wurden, verliefen 280 tödlich. Die Lebenserwartung von Patienten, die Kaposi’s Syndrom aufweisen, beträgt bloß eineinhalb Jahre. 85 Prozent der Menschen, die dieses schreckliche Symptom aufwiesen, sind schon tot. Die Sterberate der zweiten Homosexuellenseuche, Pneumocystis pneumonia, beträgt 41 Prozent.

Indessen sucht die Pharmaindustrie fieberhaft nach einem Gegenmittel mit enormem Profitpotential. Denn so viele Zeitgenossen würden gar zu gern viel Geld dafür bezahlen, um sich weiterhin hemmungslos ausleben zu können.

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