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Buch hat Zukunft

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Manche Leute geben dem Buch nur noch ein kurzes Leben. Die neuen Medien, heißt es, würden die Lesekultur killen.

Fazit vieler Meinungsäußerungen während der Frankfurter Buchmesse: Kaum jemand glaubt an eine echte Krise des Buches. Es werden nur einige Kategorien von Nachschlagewerken verschwinden, etwa so, wie die Logarithmentafel Opfer des Taschenrechners wurde.

Aber wenn auch das Buch an sich nicht in Gefahr ist, wird doch das Überleben der Büchermacher schwerer.

Dabei bleiben die kalten Rechner nicht immer Sieger. Während rührige Kleinverleger mit guter Spürnase aufstiegen, blieb ausgerechnet Verlagen, die von US- Konzernen aufgekauft worden waren, der Erfolg versagt.

Der Wirtschaftspublizist Peter F. Drucker führt das auf die Fehler von Managern zurück, die glaubten, man könne Bücher mit allen anderen Produkten über einen Kamm scheren.

Er kommt zu einem originellen Schluß: In Zukunft werde der Erfolg der Verlage mehr denn je von der Qualifikation der Lektoren abhängen, denn nur ihre Arbeit garantiert, daß die Fehler eines Manuskripts vor der Drucklegung ausgemerzt, die Bücher sorgfältig hergestellt werden und die Autoren sich vom Verlag gut betreut fühlen.

Neue Werbemethoden kommen. Public Relations werden ganz groß geschrieben. In den

USA bedeutet es bereits 10.000 zusätzlich verkaufte Exemplare, wenn der Verleger seinem Autor einen 30-Sekunden-Auftritt in einer beliebten Talkshow verschaffen kann. So helfen die bösen elektronischen Medien dem Buch.

Allgemeiner Verlegermeinung zufolge gehört zu den wichtigsten Merkmalen des erfolgreichen Verlegers der Riecher für das große Thema, für das große Buch. Aber das große Buch braucht oft gar kein großes Thema. Dafür braucht es oft auch keine Werbung.

Wer hätte gedacht, daß der im Mittelalter spielende Krimi eines wenig bekannten Italieners, bei dem es um einen in einer Regenwassertonne ertrunkenen Mönch geht, zum Hit werden kann? „Der Name der Rose” des Literaturprofessors Umberto Eco braucht kaum Plakate, kaum Anzeigen, wird gekauft, gekauft, gekauft.

Auch „Die unendliche Geschichte” von Michael Ende verkauft sich mit geringer werblicher Nachhilfe von selbst.

Andererseits können mit einem Thema hundert Verlage ihr Ge schäft machen, während einer sein „großes Thema” allein hat und Schiffbruch erleidet.

Es hat auf der Buchmesse von Friedens- und Anti-Abrüstungs- Büchern nur so gewimmelt, zum geheimen Uber-Thema der heuer Motto-losen Messe aber wurde die Gesundheit. Gesundheitsbücher allüberall. Noch die linken Kleinstverlage priesen ihren Marx als „ideologische Aufbaukost”.

Fast 100 österreichische Verlage wußten, was sie taten, als sie Bü-

eher und Broschüren zum dreihundertsten Jahrestag der Türkenbelagerung auf den Markt warfen. 50 bis 60 weitere Publikationen standen unter dem Motto Katholikentag und Papstbesuch.

Dabei wurde auch der deutsche Markt angepeilt. Der Export österreichischer Verlage in die Bundesrepublik Deutschland schwankt von Verlag zu Verlag und von Fall zu Fall und erreicht bis zu 80 Prozent.

Dabei gibt es neben thematischen auch regionale Schwerpunkte. Religiöse Literatur aus Österreich, etwa aus dem Verlagshaus Styria, findet ihre Leser vorwiegend in den katholischen Bundesländern.

Dafür gab es im protestantischen Norden und nicht nur dort einen Bücherboom um Luthers fünfhundertsten GeBurtstag mit rund 200 Neuerscheinungen unter 500 lieferbaren Titeln.

1982 führten wir aus dem Nachbarland für 1,4 Milliarden Schilling Bücher ein, in der Gegenrichtung passierten Bücher für 738 Millionen die Grenze. Uber 1983 kann noch nichts gesagt werden. In Österreich werden 75 Prozent aller Bücher in den letzten drei Monaten des Jahres gekauft!

Ohne deutschen Markt könnten Österreichs Verleger nicht druk- ken, was die Österreicher lesen wollen, die Auflagen wären zu klein. Und von dem, was wir einführen, ist auch so manches von österreichischen Autoren geschrieben.

Immerhin hat der Residenz- Verlag in Salzburg etliche Österreicher „heimgeholt”. Hoffentlich bleibt’s so auch nach dem Verlagsverkauf an den österreichischen Bundesverlag.

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