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Afrikanische Politik ist für Europäer schwer zu verstehen. Ganz besonders schwer für solche Europäer, die sich an Zeiten, in denen die europäische Politik der heutigen afrikanischen in mancher Beziehung geradezu erstaunlich glich, nicht erinnern können oder wollen. Verständnishilfe bietet Frederick Forsyth in seinem Buch „Biafra-Story - Bericht über eine afrikanische Tragödie“. Als es 1969 erstmals - und natürlich nur in englischer Sprache - erschien, war der Autor ein unbekannter britischer Reporter. Sein Ruhm als Verfasser mehrerer Bestseller („Der Schakal“, „Hunde des Krieges“ und so fort) führte zur verspäteten deutschen Ausgabe. Aber sieh da - das Werk ist nicht überholt, sondern die geschilderten Vorgänge haben, längst losgelöst von aller Tagesaktualität, heute den Rang eines Exempels, eines „Lehrfalles“ für afrikanische Politik. (Piver-Verlag, München, 350 Seiten, öS 304,15)

Lebenskrisen

In Abwandlung einer alten und schon oft abgewandelten Redensart könnte man sagen: Jeder hat die Probleme, die er sich leisten kann. Außerdem sind bekanntlich auch persönliche Probleme Modesache. Einst war man unglücklich verliebt, später bekam man Komplexe, heute gerät man in die „midlife-crisis”, die schon deshalb, weil das viel besser klingt als jedes deutsche Äquivalent, nur in den angelsächsischen Ländern erfunden werden konnte. Oder sollte es sich einfach um unsere gute alte Torschluß- panik handeln? Wie auch immer - Gail Sheehy gibt in ihrem Bestseller „In der Mitte des Lebens - Die Bewältigung vorhersehbarer Krisen“ Leuten im gewissen Alter gute Ratschläge und noch bessere Erzählungen von Menschen, denen es auch just passieret. Amüsante Lektüre auch für solche weit über dem gewissen Alter, das neuerdings mit 40 eher schon wieder vorbei sein als beginnen soll… (Kind- ler Verlag, München, 440 Seiten, öS 229,46).

Österreichs Firmen — „Who is who“

Das „Handelsregister Österreich“, ein unentbehrliches Standardwerk, liegt nun in seiner 30. Ausgabe vor. Wer immer sich über protokollierte Firmen, Rechtsverhältnisse von Betrieben, deren leitende, bevollmächtigte und zeichnungsberechtigte Personen, über Tätigkeitsbereich, Anschriften, Femsprechnummem, Femschreibadressen und anderes mehr unterrichten will, findet hier alles Gewünschte übersichtlich zusammengestellt. Der erste Teil enthält sämtliche handelsgerichtlichen Protokollierungstexte, im zweiten sind die Betriebe nach Berufs- und Warengruppen alphabetisch geordnet, so daß ein rasches Auffinden gewährleistet ist.

Stichtag der Ausgabe ist der 16. Februar 1977, Veränderungen nach diesem Termin sind beim Jupiter-Verlag unter der Wiener Rufnummer 24 11 00 zu erfragen. (Handelsregister Österreichs, Band XXX, 1977, Jupiter- Verlag, Wien, 2000 Seiten, öS 648,—.)

Geschichte der Frankfurter Schule

Eines der wichtigsten Kapitel der Geschichte politischen und philosophischen Denkens im 20. Jahrhundert war bisher ungeschrieben. Die Frankfurter Schule, mit der man heute sofort Namen wie Horkheimer, Adorno, Marcuse, Fromm assoziiert, wird zwar allenthalben genannt, aber wir alle wissen zwar einiges über die Folgen der Frankfurter Schule, aber kaum etwas über ihre Entstehung und über jene Jahre, in denen die Mitglieder des Institutes für Sozialforschung ihr theoretisches Instrumentarium entwickelten und einen heute noch keineswegs zu Ende gekommenen Denkprozeß einleiteten. Die Frankfurter Schule fand ihren Historiker in historisch letzter Minute - Martin Jay, der in Harvard mit einer Arbeit über die Schule promovierte und mittlerweile in Berkeley lehrt, standen wichtige, mittlerweile verstorbene Gesprächspartner noch zur Verfügung. Sein Kompendium „Dialektische Phantasie - die Geschichte der Frankfurter

Schule und des Instituts für Sozialforschung 1923-1950“ ist ein unerläßliches Nachschlagewerk für jeden, der sich für politisches und soziologisches Denken im Spannungsfeld zwischen Marx und Freud interessiert.

Ungereimtheiten, die dadurch entstehen, daß bestimmte Vorgänge von den Zeugen verschieden dargestellt werden, vertuscht Jay nicht, aber er versuchte, kontroverse Punkte zu klären, wobei er sich „mitunter in die Lage des Beobachters aus dem japanischen Film ,Rashomon’ versetzt“ sah. Ein detailreiches Namens- und Stichwortregister erhöht wesentlich die praktische Benützbarkeit des Buches. (S. Fischer, Frankfurt, 436 Seiten, öS 261,80)

Antike Ärzte

Huldrych M. Koelbing hat mit seinem Buch „Arzt und Patient in der antiken Welt“ kein oberflächliches Sachbuch geschaffen, keine Sammlung von Anekdoten, deren es auch aus der Antike schon so viele gibt, sondern mit einer seltenen Kombination von philologischem, historischem und medizinischem Sachverstand herausgeschält, was die antiken Ärzte uns Heutigen zu sagen haben, vor allem aber, in welchem erstaunlichen Ausmaß der Ehrenkodex des Arztes in der Antike über weite Strecken dem heutigen glich. Es ist ein spannend zu lesendes Buch für Ärzte und Patienten, und es berührt besonders sympathisch durch das hohe Ethos, mit dem Koelbing, der selbst lange als Augenarzt praktiziert hat, moralische Fragen der heutigen Medizin behandelt.

Bei einer Neuauflage wäre die Erarbeitung eines Schlagwortverzeichnisses neben den bereits vorhandenen Namens- und Literaturverzeichnissen vorteilhaft. Hoffentlich schenkt uns der Autor eines Tages auch eine Geschichte der spätantiken, der arabischen und früheuropäischen Medizin! (Artemis Verlag, Zürich, „Bibliothek, der alten Welt“, 240 Seiten, öS 355,20)

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