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Bühende „Erdölfelder" in Osterreich

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Die Ereignisse am Golf rücken die Produktion von Treibstoff aus Ölfrüchten wieder mehr ins Ram- penlicht. Und mit steigenden Öl- preisen wird Biosprit zunehmend interessanter und konkurrenzfähig.

Alternativer Kraftstoff und al- ternativer Antrieb sind zwei ver- schiedene Paar Schuhe. Biosprit, von nachwachsenden Rohstoffen auf dem Acker gewonnen, ist die eine Alternative; Wasserstoff, mit Hilfe von Strom erzeugt, die an- dere. Elektrische Batterien, ge- speichert und mitgeführt, ist ein weiterer Gegenvorschlag zu den fossilen Brennstoffen - dem Erdöl, aus dem Benzin, Super und Diesel gewonnen werden.

Alternativ heißt nicht fossil und die nichtfossilen Energieträger müssen, um bestehen zu können, mindestens genauso gut, wenn nicht sogar - ungerechterweise - besser sein als die herkömmlichen.

Nachwachsende Rohstoffe, deren Früchte jene Energie liefern, die zum Betreiben von Motoren ge- eignet ist, sind ein geeigneter Lö- sungsansatz. Sie tragen nicht, wie die fossilen Energieträger zur Er- höhung von C02 bei. Pflanzen, die im Frühjahr das Kohlendioxyd aus der Luft gefiltert haben, werden im Herbst wieder verbrannt. In die- sem Kurzkreislauf kommt es zu keiner weiteren Aufheizung der Erdatmosphäre.

Neben dem Umweltaspekt sieht auch die Landwirtschaft mit ihren Überschüssen bei Getreide und Mais, in den Ölsaaten eine echte Alternative. Aber so einfach ist die Sache natürlich nicht.

Die Gewinnung des Öls aus den leuchtend gelbblühenden Pflanzen ist kein Problem. Das reine Pflan- zenöl ist als Treibstoff jedoch nur bei Spezialmotoren einsetzbar (so ein Motor wird später noch aus- führlich beschrieben).

In serienmäßigen Dieselmotoren kann das pflanzliche Öl nur ver- wendet werden, wenn es chemisch umgewandelt, verestert, wird. Eine Veresterungsanlage, die sich in der Praxis bereits bewährt hat, ist Asperhof en in Niederösterreich. 293 Bauern haben sich in einer Genos- senschaft zusammengeschlossen und seit Oktober 1989 produzieren sie aus Raps und Sonnenblumen Methylester - Öko-Diesel - für ihre Traktoren. Der bei der Produktion anfallende Ölkuchen, ein hoch- wertiges Eiweißfuttermittel, wird von den Bauern im eigenen Betrieb, „an das Tier gebracht".

Das Öko-Diesel-Projekt Asper- hofen läuft so gut, daß weitere An- lagen in Mureck (Steiermark), Güs- sing und Draßmarkt (Burgenland), Starein (Niederösterreich) und Bruck an der Leitha - im Anschluß an die bestehende Ölmühle - ge- plant sind.

Trotz offensichtlicher Vorteile für die Umwelt und als Entlastung der Überschußproduktion ist nicht si- cher, ob RME (Raps-Methyl-Ester) wirtschaftlich hergestellt werden kann.

In Aschach, Oberösterreich, wo i diegrößte Veresterungsanlage steht, hofft man auf das große Geschäft mit dem Nebenprodukt Glyzerin. Ob damit „das Kraut fett wird", bleibt abzuwarten. Wirklich kon- kurrenzfähig wird Biodiesel wohl nur dann, wenn der Finanzminister auch künftig auf die Mineralölsteu- er - immerhin drei Schilling pro Liter Treibstoff - verzichtet.

Im Moment ist das kein Thema. Vielmehr sieht die geplante Mi- neralölsteuernovelle vor, daß jeder Treibstoff für mobile Ver- brennungsmotoren, also für Fahr- zeuge, besteuert werden soll. Das letzte Wort in dieser Sache steht noch aus.

Eine weitere Verwendungsmög- lichkeit für Pflanzenöle ist die Bei- mischung zu normalem Diesel. Versuche in dieser Richtung führt die Technische Universität in Wien seitMitte 1989, mit der ÖMV-Toch- ter Stroh durch. Bis zu fünf Prozent pflanzliche Öle können dem Die- selöl beigemischt werden, ohne daß dies den Motoren schaden würde. Aber auch bei dieser Variante ist noch nicht geklärt, ob künftig Mineralölsteuer zu zahlen sein wird. Falls ja, ist dieses Projekt für die ÖMV uninteressant. Der Hit aber ist, reines, unverestertes Rapsöl in den Tank zu füllen.

Millionen Fernsehzuschauer er- innern sich noch an die sensationell anmutende Demonstration, einen Automotor mit Salatöl zu betrei- ben. Ganz so einfach, wie es propa- giert wurde, ist die Sache aller- dings nicht. Um reines Pflanzenöl als Treibstoff verwenden zu kön- nen, muß der Motor umgebaut werden.

Die deutsche Firma Esbett hat einen solchen Umbausatz entwik- kelt. In Diestelburg, Niederöster- reich, läuft seit einiger Zeit ein Versuch mit einem umgebauten Traktor, der wahrlich nur Salatöl schluckt, was ihm offensichtlich bekommt. Zum Zwecke des Um- baus wird bei einem Dieselmotor der Zylinderkopf samt Kolben, Nockenwelle und Zylinderkopf- dichtung, sowie der Kühler aus- getauscht. Die bittere Pille, die hier zu schlucken ist: der Einbausatz kostet an die 100.000 Schilling.

Rapsmethylester (RME), wie auch das reine Rapsöl bestechen durch ihre sauberen „Abgase". RME ist biologisch abbaubar und trägt vor allem auch nicht zum Anstieg der Kohlendioxyd-Konzentration in der Atmosphäre bei.

Der Vorteil für die Landwirt- schaft: von den 1,5 Millionen Hek- tar Anbaufläche in Österreich eig- nen sich 300.000 Hektar für den Rapsanbau. Der daraus zu gewin- nende Öko-Diesel würde ein Fünf- tel des österreichischen Bedarfs decken, das ist in etwa jene Menge, die von der Landwirtschaft benö- tigt wird.

Der Landwirt als Ölscheich ist möglicherweise bald keine Utopie mehr.

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