6796740-1971_14_08.jpg
Digital In Arbeit

Bürgerkrieg auf Sparflamme

19451960198020002020

Khartum und Omdurman sind, trotz kräftiger schwarzer Tupfer, arabische Städte. Doch der Wind der Wüste, der Ruf des Muezzins, die Macht des Islams brechen sich in ihren Mauern. Im Süden, der hier beginnt, diskreditierten jahrhundertelang arabische Sklavenjäger die Heilslehre des Propheten Mohammed. Dies und auch die britische Kolonialpolitik sind schuld an dem schwarz-weißen Bürgerkrieg im Sudąn, Dje Schwajz- afrikaner ~können nicht vergessen, obwohl es —r scheinbar — lang^heFiSt, daß „wdfte” Rfßjher ihre Jungfrauen und Söhne einfingen und auf den Sklavenmärkten der Arabischen Halbinsel verkauften. Das „schwarze Elfenbein” ist, wovon man sich bei einiger Vorsicht sogar selbst überzeugen kann, auch heute noch eine begehrte Handelsware, trotz aller Anti-Sklaverei- Deklarationen der UNO.

19451960198020002020

Khartum und Omdurman sind, trotz kräftiger schwarzer Tupfer, arabische Städte. Doch der Wind der Wüste, der Ruf des Muezzins, die Macht des Islams brechen sich in ihren Mauern. Im Süden, der hier beginnt, diskreditierten jahrhundertelang arabische Sklavenjäger die Heilslehre des Propheten Mohammed. Dies und auch die britische Kolonialpolitik sind schuld an dem schwarz-weißen Bürgerkrieg im Sudąn, Dje Schwajz- afrikaner ~können nicht vergessen, obwohl es —r scheinbar — lang^heFiSt, daß „wdfte” Rfßjher ihre Jungfrauen und Söhne einfingen und auf den Sklavenmärkten der Arabischen Halbinsel verkauften. Das „schwarze Elfenbein” ist, wovon man sich bei einiger Vorsicht sogar selbst überzeugen kann, auch heute noch eine begehrte Handelsware, trotz aller Anti-Sklaverei- Deklarationen der UNO.

Werbung
Werbung
Werbung

Islamische Missionare, die den Spuren der Sklavenjäger folgten, hatten nie sehr große Chancen. Die verschaffte die englische Kolonialverwaltung dafür den christlichen Missionaren. Sie fanden bei den antikommunistischen Schwarzen in den Südprovinzen des damaligen britisch-ägyptischen Kondominiums ein dankbares Betätigungsfeld. Vieles, was bei den unglaublich rückständigen Stämmen an sozialem und wirtschaftlichem Fortschritt und an politischem Bewußtsein zu finden ist, geht darauf zurück. Für die Bevölkerung war die vor einigen Jahren erfolgte Ausweisung sämtlicher Missionare fremder Nationalität durch die Khartumer Behörden daher ein schwerer Schlag.

Die Gründe für diesen Schritt lagen auf der Hand. England hatte bei der Förderung der Christianisierung nicht nur altruistische Beweggründe. Ägypten erhob, nachdem es unabhängig geworden war, historisch durchaus begründete Ansprüche auf den Sudan. Ein Anschluß des größten afrikanischen Landes an die arabische Führungsmacht wäre in London jedoch ungern gesehen worden. In der Christianisierung der ohnehin nicht araberfreundlichen Neger hoffte man ein Gegengewicht gegen die Anschlußtendenzen in den großen arabisch-sudanisch tu Parteien zu schaffen. Doch die Unabhängigkeit, zu der sich die Sudanesen 1956 tatsächlich entschlossen, war und ist keine glückliche Lösung. Die Zeche bezahlten die nichtislamischen südsudanischen Negerstämme. Anschluß an Ägypten hätte die Abtrennung der nichtarabischen Provinzen und ihren Zusammenschluß mit einem oder mehreren der angrenzenden afrikanischen Staaten mindestens erleichtert. Die Unabhängigkeit verdammte die seitdem in Khartum herrschenden Regierungen jedoch dazu, um jeden Preis auf der territorialen Integrität des Landes zu bestehen.

Die Anführer des seit fünfzehn Jahren andauernden Buschkrieges erkannten das schon früh. Noch ehe der Sudan unabhängig wurde, begannen sie mit ihrem bis heute vergeblichen Kampf. Sowohl die wechselnden parlamentarischen Regierungen als auch die Militärdiktatur des Generals Ibrahim Abbud verweigerten das Selbstbestimmungsrecht und verpulverten ungeheure Mittel in einem kräftezehrenden Krieg. Das ehemals so reiche Land verarmte, und die immer unlösbareren Probleme führten schließlich, im vergangenen Jahr, zu dem unblutigen Staatsstreich einer Gruppe linksgerichteter nasseristischer Offiziere unter Führung von Oberst Dscha’afar el-Numeiri. Dieser nannte ■die friedliche Beendigung der Auseinandersetzung im Süden eines seiner Hauptziele.

Man erließ eine umfassende Amnestie und versprach den schwarzen Freiheitskämpfern finanzielle Starthilfe, Wiedereingliederung ins soziale Leben und ein langfristiges wirtschaftlichesEntwicklungs programm. Khartum hielt sich bis jetzt allerdings nur teilweise an dieses Versprechen.

Handgeld für reuige Rebellen

Wer die Rebellenarmee der „Ania- Nia”-Exilregierung verließ, weil er die Aussichtslosigkeit des bewaffneten Aufstandes einsah und dem Wort der Khartumer Militärs glaubte, kam tatsächlich in den Genuß der Amnestiebestimmungen. Es gab kein nachträgliches Strafgericht, und die Überläufer erhielten sogar ein — gemessen an den Verhältnissen — großzügiges Handgeld. Damit hatte sichs aber.

Wer nach 1955 nicht aus politischem Idealismus in den Busch gegangen ist, tat es aus nackter Not. In weiten Teilen der Provinzen Äquatoria, Bahr el-Ghasal und Obernil herrschten Hungersnöte. Sie herrschen noch heute. Die Behörden sind außerstande, den Menschen Arbeit und Brot zu geben. Sie haben es auch nie ernsthaft versucht. Diese Lage zwang Hunderttausende zu einem Halbnomadendasein, zum Vegetieren am Rand der ebenso trostlosen wie überfüllten Städte, oder zum Eintritt in die Rebellenarmee. Juba etwa, eine zu englischer Zeit noch lebhafte Stadt mit afrikanischem Gepräge im tiefen Süden, oder Malakal in der Obernilprovinz sind heute trostlose Orte ohne Hoffnung. Sie sind übervölkert mit einem unbeschreiblich armseligen Schein- proletariat, und Seuchen wie Pockenepidemien sind neben dem ständig grassierenden Hunger häufig Gäste.

Die Regierung El-Numeiri konnte sich bislang nicht aufraffen, etwas Wesentliches dagegen zu unternehmen. Für ein umfassendes Entwicklungsprogramm fehlt es an Geld, für die wirkliche Gleichstellung der nichtarabischen Neger an der nötigen Toleranz. Man begnügt sich damit, den Zugang zu den rebellischen Provinzen abzuriegeln und den Bürgerkrieg auf kleiner Flamme schmoren zu lassen. Die Flüchtlingslager an den Grenzen der schwarzafrikanischen Nachbarstaaten Äthiopien, Kenia, Uganda und Kongo werden immer größer, die drei südsudanischen Grenzprovinzen immer menschenleerer. In Khartum gibt das niemand offen zu, doch es hat den Anschein, als begrüße die Regierung diese Entwicklung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung