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BULGARIEN IM AUGE BEHALTEN!

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Bulgarien hat enorme Verluste wegen des strikt eingehaltenen Ex-Jugoslawien-Embargos (200 Millionen Dollar pro Monat), was die ohnehin schwerkranke Wirtschaft des Landes zusätzlich belastet.

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Bulgarien hat enorme Verluste wegen des strikt eingehaltenen Ex-Jugoslawien-Embargos (200 Millionen Dollar pro Monat), was die ohnehin schwerkranke Wirtschaft des Landes zusätzlich belastet.

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Die Wirtschaftsrezession hat die Talsohle noch nicht erreicht. Während dasBrutto-Inlandsprodukt(BIP) 1992 um ungefähr zehn Prozent geschrumpft ist, verzeichneten Privatwirtschaft und Kleingewerbe einen beachtlichen Aufschwung. Das privatwirtschaftliche Element ist aber für eine Trendumkehr noch zu schwach.

Zwar erwies sich die Wirtschaftsreform monetär als erfolgreich, jedoch ist noch immer keine Produktionsankurbelung in Sicht. Die Hauptursache der Wirtschaftskrise liegt im Verlust der riesigen ehemals sowjetischen Märkte und in der drastischen Einschränkung der Nachfrage im eigenen Land.

Die Reallöhne liegen etwa 15 Prozent unter dem Niveau von 1990. Die Arbeitslosenrate beträgt etwa 17 Prozent. Die „soziale Frage" birgt somit ein großes Konfliktpotential.

Die Zahl der Joint ventures ist zwar nicht genau bekannt, Schätzungen gehen aber von 500 bis 600, manche sogar von bis zu 1.100 aus. Nach Auskunft des österreichischen Handelsdelegierten in Sofia, Hubert C. Astegher, sind 40 bis 50 davon österreichisch-bulgarische Unternehmungen. Der vergleichsweise geringe Umfang österreichischer Kapitalinvestitionen liegt zwischen 40 und 60 Millionen Schilling. Die Zahl der

österreichischen Handelsniederlassungen beziehungsweise Tochterfirmen wird auf 50 bis 60 geschätzt.

Die österreichischen Ausfuhren nach Bulgarien betrugen im Vorjahr 1,38 Milliarden Schilling und waren leicht (minus 0,6 Prozent) rückläufig, „Das ist für die derzeitige Situation ein durchaus respektabler Erfolg, und es zeigt sich, daß Bulgarien ein Markt geblieben ist, den man als österreichischer Exporteur nicht aus den Augen verlieren darf', meint Astegher. Der Anteil der Ausfuhren am Gesamtexport Österreichs lag im Jahre 1991 jedoch nur bei 0,3 Prozent. Das waren lediglich drei Prozent aller nach Osteuropa ausgeführten Güter. Die Gesamtproportionen für 1992 dürften sich kaum geändert haben.

Im einzelnen gab es zwar in erster Linie einen totalen Einbruch bei der Ausfuhr von Metallbearbeitungsmaschinen, aber es wurde auch ein kräftiger Anstieg des Exports von Arbeitsmaschinen und Straßenfahrzeugen verzeichnet. An zweiter Stelle sind „bearbeitete Waren" wie Papierwaren, Feuerfestmaterialien sowie Eisen- und Stahlwaren zu nennen, deren Ausfuhr ebenfalls zurückgegangen ist.

Sehr erfolgreich waren hingegen die österreichischen Exporteure von „sonstigen Fertigwaren" wie Bekleidung, Meß-, Prüf- und

Kontrollgeräten und vor allem Sportgeräten, deren Anstieg größer als 170 Prozent war. Wie Astegher berichtet, „haben die Bulgaren ihre Liebe zum österreichischen Kaffee entdeckt", welcher im Wert von, 100 Millionen Schilling verkauft worden ist. Ziemlich gestiegen ist auch der Absatz von Bier und Fruchtsäften.

Das Fehlen eines Investitionsschutzabkommens zwischen Österreich und Bulgarien erweist sich jedoch immer mehr als großes Hindernis für eine Beteiligung an der bereits beginnenden Privatisierung.

Die Raiffeisen-Zentralbank (RZB) hat sich inwischen mit 32 Prozent an einer der größten bulgarischen Kreditbanken, nämlich an der Bank für landwirtschaftliche Kredite, beteiligt, nachdem die angestrebte Mehrheitsbeteiligung gescheitert war. Die Cre-ditanstalt Bankverein (CA) hat neben einer Repräsentanz auch eine Investmentbank in Sofia gegründet.

Die Teximbank, die erste wirkliche Privatbank Bulgariens im wahrsten Sinn des Wortes, wurde im vergangenen Sommer mit einem ausschließlich von privater Seite aufgebrachten Stammkapital von 52 Millionen Lewa (etwa 26 Millionen Schilling) gegründet.

Die Teximbank hat die Lizenz für sämtliche Bankgeschäfte und unterhält Beziehungen zu mehr als 20 ausländischen Banken. Die Geschäftsführung bemüht sich vorrangig um die Förderung des Privatunternehmertums. Nun soll vor allem im Ausland um zusätzliches Kapital in der Höhe von umgerechnet 75 Millionen Schilling beschafft werden. Eine ausländische Beteiligung ist bis zu 40 Prozent zulässig, wobei ein Aktionär nicht mehr als fünf Prozent des eingetragenen Kapitals von 200 Millionen Lewa halten darf. Der Nennwert einer Aktie beträgt 1.000 Lewa (das sind etwa 500 Schilling).

In der angespannten wirtschaftlichen Situation kommt nach der Landwirtschaft auch dem Tourismus größte Bedeutung für Bulgarien zu.

Im Zuge der Privatisierung sollen innerhalb der nächsten drei Jahre 528 der insgesamt 999 Fremdenverkehrsobjekte privatisiert werden. Nur bei 28 davon handelt es sich um große Einrichtungen - die übrigen 500 sind durchwegs Kleinobjekte.

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