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Bummeln ist out

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Kürzeres Studium, besseres Studium? Für Wissenschaftsminister Hans Tuppy sind jedenfalls künftig sechs Semester genug. Noch in dieser Legislaturperiode sollen auf Vorschlag des Rates für Studienreform Kurzstudien mit berufsspezifischer Ausrichtung eingeführt werden. Vorgesehen sind dafür vor allem Fächer aus Wirtschaft, Verwaltung, Touristik und Medien. In einem halben Jahr sollen auch Reformvorschläge des medizinischen und technischen Bereiches auf dem Tisch liegen.

Zweck dieses forcierten Studienbetriebes ist die Senkung der Hörerzahlen an den Universitäten sowie die möglichst frühe Einbindung der Uniabgänger in den Arbeitsprozeß. Neue Steuerzahler statt Beihilfenempfänger sind gefragt. Österreichs Studienabgänger verlassen durchschnittlich mit 25 Jahren die Universität, allerdings beendet von den derzeit 170.000 bis 180.000 Inskribierten nur rund die Hälfte ihr Studium.

Wenn beispielsweise eine britische Firma einen jungen Universitätsabsolventen einstellt, ist er im Durchschnitt 22 Jahre alt. Bundesdeutsche Studienkollegen sind bei ihrer Jobsuche dagegen meist schon Ende zwanzig.

Rekordhalter an Langzeitstudenten in Europa sind derzeit die skandinavischen Länder. Großzügig gewährte Stipendien und lockere Studienbestimmungen verleiten freilich allzu viele zu sorgenfreiem jahrelangem Bummelstudium. Finnische Studenten erhalten zum Beispiel von vornherein ein siebenjähriges staatliches Stipendium zugesichert. Entdeckt aber der Studierende nach vier, fünf Jahren seine Vorliebe für ein anderes Fach, kann er problemlos mit weiteren sieben Jahren staatlicher Unterstützung rechnen. Benötigt ein Kunststudent in Dänemark etwa acht bis neun Jahre bis Studienabschluß, so muß sein Medizinerkollege mit Studienzeit, Turnusausbildung inklusive Wartezeit schon oft bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr warten, bis er seine eigene Praxis eröffnen kann.

In südlichen Ländern wie Spanien, Italien oder Frankreich werden aber eindeutig Kurzstudien bevorzugt. Französischen Firmen sind arbeitssuchende Studenten suspekt, falls sie länger als vier Jahre an der Universität waren. Langzeitstudenten sind in Frankreich überdies die Ausnahme, da staatliche Stipendien rar sind. Um sich den Luxus eines ausgedehnten Studiums finanzieren zu können, braucht man schon einen gutdotierten Nebenjob oder wenigstens ein begütertes Elternhaus.

In England liegt das Durchschnittsalter der Studenten im höheren Ausbildungssemester zu 80 Prozent noch immer unter 25 Jahren. Bundesdeutsche Firmen dagegen sehen in einem höheren Alter nicht unbedingt einen Nachteil. „Reiferen“ Studenten kann ihrer Ansicht nach in der beruflichen Laufbahn oft mehr Verantwortung zugemutet werden als beispielsweise 22jährigen Uni-Abgängern. Dementsprechend hoch liegt mit 28 Jahren das deutsche Durchschnittsalter.

Auch die schwedischen Industrieunternehmen bevorzugen seit neuestem jüngere Absolventen ... Sie beklagen, daß das Durchschnittsalter der neueintretenden Kollegen im Forschungsbereich einfach zu hoch sei, nämlich 36 Jahre.

Diese Vergleiche zeigen, daß Minister . Tuppys Reformvorschläge durchaus im europäischen Trend liegen.

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