Bundesjugendring - Häuptlinge ohne Indianer?
Der „Österreichische Bundesjugendring”, der Dachverband der organisierten Jugendarbeit, wird im Dezember 40 Jahre alt. Kaum ein Grund zum Feiern: Die traditionellen Jugendorganisationen leiden unter Nachwuchsmangel; erst in den letzten Jahren gelang es, wieder frischen Schwung in den ÖBJR zu bringen.
Der „Österreichische Bundesjugendring”, der Dachverband der organisierten Jugendarbeit, wird im Dezember 40 Jahre alt. Kaum ein Grund zum Feiern: Die traditionellen Jugendorganisationen leiden unter Nachwuchsmangel; erst in den letzten Jahren gelang es, wieder frischen Schwung in den ÖBJR zu bringen.
Offiziell wird die Zahl der in den ÖBJR-Mitgliedsorganisationen beheimateten Jugendlichen mit 900.000 angegeben. Somit wäre jeder dritte Unter-Dreißigjährige Mitglied bei einer der 22 ÖBJR-Organisatio-nen.
„Natürlich sind das Phantasiezahlen!” - Martin Kargl, seit einem Jahr Vorsitzender des ÖBJR, kann über die Mogeleien seiner „Ring”-Kolle-gen nur schmunzeln: „Vielleicht brauchen das manche, um sich selbst von ihrer eigenen Stärke zu überzeugen.” Aus seiner persönlichen Erfahrung in der Jugendarbeit - der Dreißigjährige ist Generalsekretär der „Arbeitsgemeinschaft katholischer Jugend Österreichs” - weiß er, „daß 5.000 Jugendliche, die regelmäßig mitarbeiten, mehr bringen, als 50.000, die bloß ihren Mitgliedsbeitrag zahlen.”
Protzen um Subventionen
Tatsächlich liegt das Motiv für das Protzen mit unrealistischen Mitgliederzahlen im finanziellen Bereich: Die Verteilung der staatlichen Förderungen für die ÖBJR-Mitgliedsverbände
- der sogenannte „Bundesjugendplan”, derzeit 34 Millionen Schilling - richtet sich nach der Mitgliederstärke. Da die Organisationen aber überhaupt kein Bedürfnis haben, den anderen in die Mitgliederkarteien zu schauen -denn dann müßte man sich ja auch selber in die Karten blicken lassen -wird einfach munter drauf los gemogelt.
Eine Gepflogenheit, die eher an die Tricks gestandener Politik-Profis als an idealistische Jugendarbeit erinnert. „Fairer wäre es natürlich, wenn nicht nur die Mitgliederzahlen am Papier bewertet würden, sondern auch die tatsächlichen Aktivitäten”, gesteht Kargl auch ein. Eine Änderung des Subventions-Modus in diese Richtung sei daher in den nächsten Jahren anzustreben.
Zufrieden ist Kargl mit den in den letzten Jahren erkämpften Neuerungen: Erstmals seit den siebziger Jahren wurden neue Organisationen aufgenommen (zwei jüdische Jugendverbände, UHS, AKS und Landjugend), die schwerfälligen ÖBJR-
Gremien wurden gestrafft und über eine Statutenreform handlungsfähigergemacht: Das Geschäftsordnungs-Instrument der „wichtigen Frage” wurde abgeschafft - dadurch können sich die „rote” und die „schwarze” Fraktion im ÖBJR nicht mehr gegenseitig blockieren. Die Mehrheitsfin-dung im ÖBJR sei dadurch nicht leichter, dafür aber demokrati scher geworden, meint Kargl.
Natürlich sei die Arbeit mit den Jugendlichen in den letzten Jahren schwieriger geworden, analysiert der
ÖBJR-Chef: „Gerade junge Menschen mißtrauen traditionellen Organisationsformen. Und es wäre gelogen, wenn wir behaupten, daß wir nicht mit sinkenden Mitgliederzahlen kämpfen. Aber das ist auch eine Herausforderung, neue und attraktivere Formen der Jugendarbeit zu finden.”
Der Schlüsselbegriff für Kargl lautet dabei „differenzierte Identifikation” - statt die Jugendlichen für ein traditionelles Vereinsleben zu keilen, sollten sie vielmehr für einzelne, zeitlich begrenzte Projekte gewonnen werden: „Da gibt es durchaus Erfolge. Ich denke dabei etwa an eine Aktion der katholischen Arbeiterjugend zum Thema der Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt.”
Idealismus fördern
Neben traditionellen ÖBJR-The-men wie der Bundesheer-Reform, der Ausweitung des Zivildienst-Angebotes und die „Rettung” des Interrail-Tickets, haben sich die „Ring”-Funk-tionäre für den Herbst eine Kampagne unter dem Titel „Zeit für die Jugend” vorgenommen: Deren Ziel ist es, einen rechtlichen Anspruch auf Sonderurlaub oder Bildungsfreistellung für jene Funktionäre zu erwirken, die sich ehrenamtlich in Jugendorganisationen engagieren. Kargl: „Wenn immer wieder über die mangelnde Solidarität in unserer Gesellschaft geklagt wird, sollte man auch etwa dagegen tun. Dazu gehört eben auch, daß man ehrenamtliches Engagement und Idealismus fördert.”