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Butter zum Pensionsbrot

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Immer noch ist die Pensionsreform ausständig. Die Versicherten verlieren langsam das beruhigende Gefühl, daß sie sich um ihren Lebensabend nicht zu kümmern brauchen. Eigenvorsorge ist bereits mehr als ein „Luxusbedürfnis“ geworden.

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Immer noch ist die Pensionsreform ausständig. Die Versicherten verlieren langsam das beruhigende Gefühl, daß sie sich um ihren Lebensabend nicht zu kümmern brauchen. Eigenvorsorge ist bereits mehr als ein „Luxusbedürfnis“ geworden.

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Seit ziemlich genau drei Jähren sorgen sich Millionen Österreicher um ihre künftige Pension. So genau datieren läßt sich dies, weil das auslösende Moment die am 1. Jänner 1980 in Kraft getretene 40. ASVG-Novelle war.

Nicht etwa, daß diese „kleine Pensionsreform“ die gesetzliche Altersversorgung wesentlich verschlechtert hätte. Die Schockwirkung ist schon davon ausgegangen, daß diese Novelle, anders als ihre 39 Vorläuferinnen, keine weitere Verbesserung, sondern erstmals eine „Verböserung“ gebracht hat - mit der sicheren Aussicht auf neue Leistungskürzungen bei allen weiteren Reformschritten.

Aber noch ein zweites hat die 40. ASVG-Novelle bewirkt: Hatte bis dahin die überwiegende Mehrzahl aller Österreicher die gesetzliche Altersvorsorge als die einzige absolut sichere angesehen, so breitet sich seither die Erkenntnis aus, daß ein gesetzlicher Leistungsanspruch sogar unsicherer sein kann als ein vertraglicher, sei es gegenüber einer Versicherungsgesellschaft, sei es gegenüber einem Kreditinstitut. Als Folge dieser Erkenntnis stieg die Sparquote sprunghaft: von 8,2 Prozent im Durchschnitt der Jahre 1983 bis 1985 auf 1986:10,9 Prozent und 1987: 12,7 Prozent. Selbst wenn zu diesem Anstieg auch andere Faktoren (etwa wachsende Arbeitsplatzunsicherheit) beigetragen haben mögen, ist wohl der Schluß zulässig, daß es nicht die Ausnützung von irgendwelchen Steuervorteilen war, was die Österreicher zu diesem bemerkenswert hohen Verzicht auf Sofortkonsum veranlaßt hat, sondern der Wunsch, persönlich Vorsorge für die Zukunft zu treffen, anstatt sich blindlings auf das soziale Netz zu vorlassen.

Daß dieser Schluß stimmt, wäre schon deshalb wichtig, weil im Zuge der Steuerreform einerseits der steuerliche Anreiz für den Abschluß von Lebensversicherungsverträgen verringert und anderseits mit dem Quellensteuerabzug von Spar- und Wertpapierzinsen die Attraktivität von Sparplänen vermindert worden ist.

Zu hoffen steht, daß dies die neu aufgekeimte Bereitschaft zu einer persönlichen Zukunftsvorsorge ebensowenig dämpft wie die Hinauszögerung der „großen Pensionsreform“.

Auch ohne besondere „Steuerzuckerln“ werden daher alle Österreicher — und nicht bloß die Bezieher von Einkünften über der Höchstbeitragsgrundlage — gut daran tun, den Nettoeinkommenzuwachs dank der Steuerreform vorrangig für eine ergänzende private Altersvorsorge zu verwenden.

Wie wenig tragfähig der derzeit erreichte Stand des Geldvermögens - Ende August 1.591 Milliarden Schilling - selbst unter Einschluß der Lebensversicherungs-Anwartschaften, die einschließlich Gewinnbeteiligung an die 900 Milliarden ausmachen mögen, als „zweites Bein“ der Altersvorsorge noch immer ist, zeigt eine einfache Rechnung:

Wer im Jahre 2000 die (heutigen) Voraussetzungen für eine Frühpension erfüllt, wird als 60jähriger Mann eine statistische Restlebenserwartung von 16% Jahren und als 55jährige Frau eine solche von 26 Jahren haben. Damit er/sie die ASVG-Pension auch bloß um monatlich 1.000 Schilling, vierzehnmal ausbezahlt und jährlich um 2,5 Prozent valorisiert, ergänzen kann, muß er/sie (unter Zugrundelegung eines fünfprozentigen Kalkulationszinsfußes) bis zum Tage des Pensionsantritts als Mann einen Kapitalstock von rund 185.000 Schilling und als Frau sogar einen Barwert von 264.000 Schilling angespart haben.

Für jemand, der mit diesem Ansparen erst jetzt beginnt, ist dies praktisch unmöglich (es sei denn, er/sie verwendet die Abfertigung als Einmaleinzahlung): Um in bloß zwölf Jahren den Bar wert einer weiß Gott bescheidenen Zusatzpension von 1.000 Schilling aufzubringen, müßte man von jedem der 14 Monatsbezüge als Mann 751 und als Frau 1.072 Schilling zu sechs Prozent anlegen.

Just an diesem Beispiel aber läßt sich geradezu dramatisch zeigen, daß man mit der persönlichen Altersvorsorge gar nicht früh genug beginnen kann: Wäre mit dem Ansparen schon 20 Jahre vor Pensionsantritt begonnen worden, hätten monatlich 341 beziehungsweise 487 Schilling ausgereicht, und vollends bei Nutzung von 35 (Beruf s-) Jahren wäre eine Zusatzpension von 1.000 Schilling schon mit einer Monatseinzahlung von 111 beziehungsweise 158 Schilling zu erzielen gewesen. (Ahnlich stark steigen mit dem Beitrittsalter die Lebensversicherungsprämien; wegen der Einbeziehung des Ablebensrisikos während der Ansparperiode ist jedoch ein direkter Vergleich Versicherungsprämie — Sparleistung unzulässig.)

Sich wegen der noch ausständigen Pensionsreform Sorgen zu machen, ist nicht unklug. Höchst unklug aber wäre es, nicht unverzüglich Vorsorge dafür zu treffen, trotz Pensionsreform einem finanziell gesicherten Lebensabend entgegensehen zu können...

Der Autor ist Wirtschaftspublizist und Herausgeber der „Finanznachrichten“.

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