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Carters neues Streitobjekt: Die Abrüstungsabkommen mit Moskau

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Politisch, militärisch und wirtschaftlich sei die amerikanische Nation gesund, stellte Präsident Carter bei seinem ersten Rechenschaftsbericht vor den beiden Häusern des Kongresses fest. Für Jimmy Carter, dessen Popularität in der letzten Zeit noch mehr gesunken ist, stand bei der Präsentation dieses Berichtes nicht wenig auf dem Spiel. Denn in letzter Zeit häuften sich die Vorwürfe, daß er zu vieles anpacke und zu wenig davon realisieren könne.

Das Programm des Präsidenten für dieses Jahr ist deshalb kurz und bündig abgefaßt - oder es scheint zumin-* dest so. Seine drei Hauptanliegen für 1978: Energiegesetz, Ankurbelung der Wirtschaft und Dämpfung der Inflation sowie Ratifizierung des Panamakanal-Abkommens.

Das Energiegesetz beinhaltet so ■ komplexe Materien, daß eine Einigung noch nicht abzusehen ist, wenngleich noch in diesem Frühjahr damit ge-' rechnet wird: Wie soll der Preismechanismus bei Erdgas und Erdöl funktionieren, damit der Verbrauch eingeschränkt, die Produktion aber trotzdem erhöht werden kann? Wie sollen die Lasten zwischen Erzeuger und Verbraucher verteilt werden? Wer soll die Umstellung ganzer Industriezweige auf neue Energiequellen wie Kohle oder Sonnenenergie bezahlen?

Die Verhandlungen im Kongreß ziehen sich bereits über ein halbes Jahr. Da und dort sind Kompromisse erzielt worden, wobei die akute Dollarschwäche mehr Druck auszuüben vermochte, als der Präsident und sein Team. Nun erwartet man ein Gesetz, das von der Regierungsvorlage stark abweichen wird. Carter wird es trotzdem unterzeichnen, denn was dabei herauskommt, ist noch immer besser als ein „gesetzloser Zustand“.

Politisch noch heikler und komplexer ist Carters Vorschlag, die Wirtschaft durch eine Steuersenkung von 250 Dollar pro Familie anzukurbeln. Mit Recht wird kritisiert, daß hier keine echte Steuerermäßigung gewährt werde, weil zur Sanierung der Sozial- und Pensionswerke bereits eine Steuererhöhung beschlossen wurde, so daß diese 250 Dollar die Erhöhung bestenfalls kompensiere und die Inflationsrate von sechs Prozent absorbiere. Die Kritik wird vor allem von Vertretern der minderbemittelten Schichten und der Mittelklasse vorgetragen, also von jenen Bevölkerungsgruppen, die Carter zu seinem Wahlsieg verholfen haben.

Die Arbeitslosenrate ist bei den schwarzen Amerikanern besonders hoch. Für sie klang die Erklärung des Präsidenten, in den letzten Monaten sei ein Rückgang der Arbeitslosigkeit festzustellen gewesen, wie ein Hohn: Der Bedarf an neuen Arbeitsplätzen wächst mit der Bevölkerung und der geringe Zuwachs an Arbeitsplätzen kommt den Negern fast gar nicht zugute. Sie wollen massive Arbeitsbeschaffungsprogramme, was der Präsident derzeit aber noch ablehnt.

Carter will sich mit einer Steuersenkung allein nicht zufrieden geben, er will zugleich Steuerreformen durchdrücken. Aber hier wird er einmal mehr auf den Widerstand des von politischen Loyalitäten zerrissenen Kongresses stoßen. Zwar hat der Präsident seine Vorstellungen Von der totalen Steuerreform und Vereinfachung des Steuersystems zurückgestellt, er wird aber wohl auch auf den reformatorischen Teil seiner Vorschläge verzichten müssen, will er die Steuersenkung ökonomisch zeitgerecht durchsetzen.

Zur verworrenen Diskussion über-die Panamakanal-Ratifizierung hatte Carter wenig Klärendes hinzufügen können. Die Gegner der Ratifizierung wollen die Gewähr, daß bei Neutralitätsverletzung die Vereinigten Staaten ein Interventionsrecht erhalten und amerikanische Kriegsschiffe bei einer Krise vor anderen durch den Kanal geschleust würden. Diese Forderungen sollen jedoch in einem speziellen Vertragswerk verankert werden und dazu hatte Carter nichts zu sagen. Er kündigte aber bereits ein weiteres Streitobjekt an: Die neuen amerikanisch-sowjetischen Abrüstungsabkommen. Von ihnen nimmt der Präsident an, daß sie in einigen Monaten unterzeichnet werden. Wer weiß, mit welchem Argwohn der Senat die Verhandlungen zwischen Washington und Moskau verfolgt, der kann sich schon heute ausmalen, was Carter bei diesen Abkommen erwartet. Denn nicht nur die militärischen Führungsspitzen des Landes sind über Mitteilungen wachsender militärischer Stärke der Sowjetunion entsetzt.

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