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Chancen für Maschinenbau und Elektrotechnik günstig

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Mit Ausnahme von Modestudien bieten die technischen Fächer gute Berufsaussichten, sollten aber nur von solchen belegt werden, die Freude und Begabung spüren.

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Mit Ausnahme von Modestudien bieten die technischen Fächer gute Berufsaussichten, sollten aber nur von solchen belegt werden, die Freude und Begabung spüren.

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Große Überraschung, als ich zum vereinbarten Termin mit Univ.-Prof. Paschke an die Technische Universität Wien komme: In den Aushangkästen der Institute sehe ich Anschläge von Unternehmen, die nach Diplomingenieuren suchen. Damit bestätigt sich, was auch in allen Gesprächen deutlich wird: Heute und in absehbarer Zukunft hat man mit einem Technikstudium gute Berufsaussichten.

Sicher gilt das nicht für alle Studienrichtungen, denn auch auf der Technik gibt es „Modestudien", die überlaufen sind. Georg Piskaty (wissenschaftliche Abteilung der Bundeskammer) rechnet vor allem Architektur dazu. Auch bei Informatik zeichnet sich ein Uberangebot ab.

1970 ins Leben gerufen, hat dieser Studienzweig mit mehr als 1.300 Hörern einen enormen Aufschwung genommen. Obwohl nach wie vor Absolventen mit Fachwissen in der Datenverarbeitung Jobs finden, ist bei Anhalten der rasch steigenden Studentenzahl mit Arbeitsplatzschwierigkeiten zu rechnen.

Auch bei den klassischen technischen Studienrichtungen ist das Bild nicht einheitlich. Die günstigsten Aussichten bieten Maschinenbau und Elektrotechnik. Ihnen kommt der rasante Fortschritt der Mikroelektronik zugute. Eine Unzahl von Neuentwicklungen — die ja die Domäne des Diplomingenieurs sind — werden zu einer Umstellung ganzer Branchen auf neue Produktionssysteme führen (vor allem flexible Automation, also Herstellung mit Robotern, die verschiedene Aufgaben bewältigen können). So nachteilig dies für die Beschäftigung von Fach- und sonstigen Arbeitern ist, so sehr wird es die Berufsaussichten von Diplomingenieuren erhöhen.

Die derzeit eher schwierige Lage der Bauwirtschaft hat die Dynamik der Nachfrage nach Bauingenieuren verringert. Sie ist jedoch immer noch nicht schlecht. Dies steht allerdings im Widerspruch zu den Aussichten der Architekten, bei denen es, wie erwähnt, einen Uberhang gibt.

Auch wer technische Physik oder technische Chemie studiert, wird nicht so leicht wie früher einen Arbeitsplatz finden. Die wirtschaftlichen Probleme und die vergleichsweise geringen österreichischen Forschungsaufwendungen sind dafür hauptverantwortlich.

Die Statistik der arbeitslosen Akademiker bestätigt diese Feststellungen: Mit neun Prozent ist der Anteil der Techniker für Bauwesen besonders hoch. Es folgen die technischen Naturwissenschafter mit vier Prozent. Bei Ingenieuren der Elektrotechnik und des Bergwesens gab es hingegen mehr offene Stellen als vorgemerkte Arbeitslose.

Diese letzte Zahl weist schon darauf hin, daß die Aussichten für Absolventen der Montanuniversität in Leoben ebenfalls als sehr günstig anzusehen sind. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt dort auf der Vermittlung von Wissen, das mit der Gewinnung und Verarbeitung von mineralischen Rohstoffen in Beziehung steht.

Seit 1975 gibt es in Leoben jedoch auch Absolventen der Studienrichtung für Kunststofftechnik. Dieser expansive Sektor der chemischen und der Maschinenindustrie ist in Österreich besonders leistungsfähig. Daher auch die guten Berufsaussichten bei diesem Studium. Gleiches gilt für die 1976 eingerichteten Werkstoffwissenschaften, die umfassendes Wissen über Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten von Werkstoffen vermitteln.

Die Grün- und Biowelle hat zu einem starken Anstieg der Inskriptionen an der Wiener Universität für Bodenkultur geführt. Allerdings gibt es viele, „die es einfach einmal probieren", stellt Univ.-Prof. Johann Litzka fest. Denn die Zahl der Absolventen steigt viel langsamer als die der Studienanfänger.

Auch mit diesem langsameren Anstieg haben jedoch die Berufsaussichten nicht Schritt gehalten. Immer häufiger müssen fertige Diplomingenieure monatelang nach einer Stelle suchen, was mit der wirtschaftlichen Lage jener Bereiche zusammenhängt, in denen die Absolventen unterkommen.

Da ist zunächst die Landwirtschaft, für die es vier Studienzweige gibt: Pflanzen-, Tierproduktion, Agrarökonomik sowie Grünraumgestaltung und Gartenbau. Viele Absolventen übernehmen den elterlichen Betrieb und haben somit keine Berufssorgen. Andere finden in landwirtschaftlichen Schulen, Kammern und Genossenschaften, aber auch in der (Nahrungsmittel-)Indu-strie einen Posten. Alle diese Bereiche sind jedoch nicht expansiv.

Ähnliches gilt für die Holz- und Forstwirtschaft, deren Absolventen vor allem im öffentlichen Dienst (in erster Linie bei den Bundesforsten), aber auch in der privaten Holzwirtschaft und in der holzverarbeitenden Industrie unterkommen.

Eine große Rolle als Arbeitgeber spielt die öffentliche Hand auch für die Kulturtechniker: Rund 50 Prozent der Absolventen arbeiten für Bund, Länder und Gemeinden. Ihre Aufgabe ist es, den Umweltgegebenheiten entsprechende technische Einrichtungen zu planen und herzustellen. Sie erhalten eine Ausbildung, die der der Bauingenieure stark angenähert wurde, jedoch einen besonderen Schwerpunkt auf den Wasserbau legt.

Sie werden in Zukunft voraussichtlich von den Absolventen der neuen Studienrichtung Landschaftsökologie und -gestaltung Konkurrenz erhalten, die derzeit sehr „in" ist — mit 175 Erstinskriptionen beinahe überlaufen.

Recht günstig sind hingegen die Chancen der Lebensmittel- und Biotechnik (wie diese Studienrichtung statt wie bisher „Lebensmittel- und Gärungstechnik" heißen soll). Ihre Absolventen werden in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie, aber auch im wachsenden Bereich der Lebensmittelkontrolle, im Lehrsektor oder bei Prüf- und Versuchsanstalten eingesetzt.

Kennzeichen aller Bodenkulturstudien ist die Vermittlung einer sehr breit gefächerten Ausbildung, die ebenso wie die anderen technischen Studienrichtungen zehn Semester dauert. Sie umfaßt sowohl biologische, wirtschaftliche als auch technische Fächer.

Wer ein guter Ingenieur werden will, muß sowohl analytische als auch integrative, kreative Fähigkeiten haben. Er soll einerseits Probleme in ihren Einzelaspekten erfassen können und andererseits kreativ neue Lösungen erarbeiten. Während des durchwegs sehr anstrengenden Studiums (durchschnittliche Dauer an der Technik 15, an der Montanistik 16 und auf der Bodenkultur 13,5 Semester) wird vor allem das Analytische gefördert. Im Beruf wird es jedoch vielfach auf Kreativität ankommen. Denn sich nur auf das Reproduzieren zu beschränken, reicht gerade für den Diplomingenieur nicht.

Interessant ist auch Paschkes Hinweis, daß ein Ingenieur im Umgang mit Menschen begabt sein müsse. Mitarbeiter zu motivieren gehört ebenso dazu, wie in einem Team arbeiten zu können. Insbesondere müsse der Ingenieur imstande sein, mit Fachleuten aus anderen Sparten zusammenzuarbeiten.

Vor allem ist im Unternehmen die Auseinandersetzung mit den Wirtschaftsfachleuten vorprogrammiert. Ihnen geht es primär um die Wirtschaftlichkeit neuer Entwicklungen. Daher rät Piskaty auch allen Technikern, sich rechtzeitig mit Fragen der Wirtschaft auseinanderzusetzen. Kollegs an Handelsakademien sind eine von vielen Möglichkeiten.

Immer wieder betont wird auch die Bedeutung der Fremdsprachenkenntnis. Gerade Techniker neigen zu einer einseitigen Konzentration auf ihr Fachgebiet. Sprachen sind nämlich nicht zuletzt deswegen wichtig, weil von Technikern immer häufiger auch längere Einsätze im Ausland erwartet werden. In manchen Studiensparten der Montanistik etwa muß sich der Absolvent überhaupt mit dem Gedanken befreunden, einen entsprechenden Job nur im Ausland finden zu können, dort allerdings leicht.

Allgemein werden Techniker eine größere Bereitschaft zur örtlichen Veränderung entwickeln müssen. „Ich kenne eine Firma in Vorarlberg, die sehr darüber klagt, daß sie keine österreichischen Diplomingenieure findet", kennzeichnet Piskaty die heutige Situation.

Sollten sich also jetzt alle auf technische Studien stürzen? Zweifellos nicht. Nur wer Freude und Begabung hat, wird in der Technik zurechtkommen. Eine gute Frage, um dies zu testen, ist die nach den eigenen Hobbies. Wer diese ganz woanders hat, sollte nicht wegen der Berufschancen diesen Weg einschlagen. Wohl aber rät Prof. Paschke auch allen Kritikern der heutigen Technik, sich nicht von diesem Studium abhalten zu lassen, wenn sie eine Begabung verspüren. Sie könnten es ja später besser machen. Denn Technik werden wir immer brauchen.

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