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Christen leben freier und persönlicher
Sicherlich sind die Aussichten der Kirche in Japan, einer der größten Industrienationen, von „.weltstrategischer“ Bedeutung. Zweifellos gehören hohe menschliche Qualitäten dazu, um auch eine rein materiell so gewichtige Rolle zu spielen, und zwar persönlicher als auch nationaler Ehrgeiz, Fleiß, Disziplin und Intelligenz, Eigenschaften, die nun einmal in der sogenannten ^Dritten Welt in dieser Kombination nicht überaus stark entwickelt sind, die wir aber auch bei den Chinesen, Koreanern und den Vietnamesen zum großen Teil wieder finden. Die gemeinsame Ursache? Die konfuzianische Ethik.
Die katholischen Christen Japans beziffern sich nicht auf mehr als vier Promille der Gesamtbevölkerung (alle Christen ein knappes Prozent). Nun ist es aber dennoch so, daß - ohne zu übertreiben - die glorreichsten Seiten der ganzen christlichen Geschichte in Japan geschrieben wurden. 1546 landete der heilige Franz Xaver auf Kyushu, der südlichsten Insel. Spanische und portugiesische Missionare, zu großem Teil Jesuiten, folgten ihm.
Das Christentum verbreitete sich mit Windeseile und erreichte auch alsbald Honshu, die Hauptinsel. Vom Bauern bis zum Fürsten ließen sich die Japaner taufen. Doch landeten später die Holländer und schließlich die Briten, die aus konfessionellen, aber auch aus kommerziellen Gründen den Spaniern urrd Portugiesen feindlich gesinnt waren. Sie überzeugten den feudal-militärischen, eigentlichen Herrscher Japans, den Shogun, daß man die Katholiken in ihren Ländern als Anhänger eines unpatriotischen Glaubens verfolge, da sie einem fremden Potentaten, dem Papst in Rom, die eigentliche Treue hielten. Das bestimmte leyasu aus dem Hause Tokugawa, das Christentum zu verfolgen!
Nirgends hatten die Christen so zu leiden wie in Japan. Schon 1597 wurden die „26 Märtyrer von Nagasaki“ gekreuzigt, bald auch der heilige t'aul Miki, doch die zweite Phase der Verfolgungen war noch viel ärger Christen wurden lebendig verbrannt, verkehrt aufgehängt und langsam ausgeblutet oder auch im siedenden Schlamm „zutodegetauft“. Um zu erfahren, ob jemand ein Christ war oder nicht, wurden die Menschen gezwungen, auf Reliefbilder mit Christus oder dèr Gottesmutter zu trampeln.
Man kann sich vorstellen, daß in den Jahrhunderten dieser Verfolgungen entsetzliche Tragödien stattgefunden hatten, Rückfälle, ja selbst Apostasien von Priestern und auch Missionaren. Eine Inquisitionskammer bestand bis ins 19. Jahrhundert, denn im Untergrund lebte das Christentum weiter.
Erst im Jahre 1863 kamen die ersten Missionare wieder nach Japan, Priester von der Mission de Paris. Sie feierten 1865 in Oura, einem Vorort von Nagasaki, eine Messe für Ausländer, die von mehreren Japanern genau beobachtet wurde. Nach ihrer Beendung fragten diese die Glaubenskünder, wo denn ihre Frauen wären. „Wir haben keine!“ war die Antwort. „Und was denkt ihr von der Mutter des Gekreuzigten?“ „Wir verehren sie sehr.“ „Gut, und was wißt ihr vom weißen Vater in der Stadt Roma?“ „Das ist unser Chef.“ „Ah, dann seid ihr wirklich die Priester, auf die wir seit Jahrhunderten warteten!“
Damit stieg die japanische Untergrundkirche, die seit fast 230 Jahren ohne Priester, mit nur zwei Sakramenten, aber mit den Warnungen ihrer letzten Hirten versehen, treu ausgeharrt hatte, wieder ans Tageslicht. Das Zentrum dieser Gläubigen war aber nicht in Oura, sondern im Vorort Urakami gewesen, dort wurde auch später die größte Kathedrale Ost- asiens gebaut.
Am 9. August 1945 wurde sie mitsamt den Gläubigen Ziel des ersten Atombombenabwurfs der Geschichte; damals ging fast ein Zehntel der japanischen Katholiken zugrunde. Das war die Bluthochzeit, die die katholischen Christen Japans für immer mit ihrem Land vermählte.
Wie aber steht es mit der Kirche heute? Im Süden gibt es immer noch an die 40.000 Geheimkatholiken, Ka kure kirishitan, denen der Glaube eirf Geheimnis ist, über den man nicht reden darf. Ihr Glaube ist zum Teil verkrüppelt. Sie können zwar die Messe in einem japanisierten Latein herunterleiern, sehen oft in Franz Xaver eine vierte göttliche Person und verwechseln Rom mit dem Paradies. Ihre Wiedergewinnung ist ein schweres kirchliches Problem.
Die katholischen Schulen gelten als die besten des Landes. Im alten Sacre Coeur, werden Mädchen erzogen, um Frauen von Nichtchristen und Mütter von Christen zu werden. Die Sophia- Universität ist schon heute die beste Privatuniversität Japans mit über 10.000 Studenten, wenn auch mit einer sehr kleinen Minderheit von Gläubigen.
Berufungen zum Priesterstand? Eine der prozentuell größten in der Welt, aber dennoch ungenügend für den Bedarf.
Verantwortlich für die Präsenz unseres Glaubens ist nicht zuletzt auch die katholische Literatur. Es ist insbesondere der Romanschriftsteller Shu- saku Endo, der auch im Fernsehen und in der Presse eine gewichtige Rolle spielt. „Kann das Christentum Japanern in japanischer Form gebracht werden?“ fragt er immer wieder. Gerade im Hinblick auf die Verwestlichung des gesamten japanischen Lebens in allen seinen Phasen ist dies eher zu bejahen.
Tatsächlich lebt die katholische Gesellschaft Japans auf einer anderen Wellenlänge als die nichtchristliche. Man ist freier, ungezwungener, lauter, humorvoller, vor allem aber persönlicher.
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