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„Christus, unser Führer“

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Drei Dinge will ich Euch sagen, die Ihr Euch merken sollt. Erstens: Ihr habt in den letzten Monaten viel verloren; Eure Verbände, Eure Jugendgemeinschaften, die Ihr mit einem so schönen Idealismus aufgebaut hattet, sind nicht mehr da. Eure Fahnen — Ihr dürft sie nicht mehr tragen. Ihr habt aber auch etwas gewonnen, was noch mehr wert ist, als was Ihr jetzt verloren habt und was all das überdauern kann und muß, etwas, was wir alle eigentlich selbst gleichsam neu entdeckt haben, das ist unsere Pfarre, das ist die Gemeinschaft, die wir haben als Katholiken in der kleinen Gemeinschaft der Pfarre und in der größeren der Kirche, unsere Gemeinschaft der, Kinder Gottes — und wenn man uns das eine nimmt, dann greifen wir auf das andere zurück, und wir lassen uns nicht entmutigen.

Steht treu zu Eurer Pfarre, Eurem Pfarrer und allen sei-, nen Mitarbeitern, den Pfarrseelsorgern, und lebt mit ihnen in einer lebendigen Pfarrgemeinde und laßt Euch durch gar nichts beirren. Diese sind Eure guten Freunde, und sie beten und opfern für Euch, sie wollen Euch Kraft und Führer sein zum wahren christlichen Leben. Diese Gemeinschaft müssen wir finden.

Zweitens: Wir wollen gerade jetzt in dieser Zeit umso fester und standhafter unseren Glauben bekennen und uns zu Christus bekennen, unserem Führer und Meister, unserem König und zu seiner Kirche. Ich weiß, das ist nicht so leicht, das verlangt viel von Euch. Nicht wahr, Ihr gebt ihn nicht her! Wenn Ihr Euren Glauben bekennen und lieben, zu ihm stehen und für ihn einstehen wollt, für Euren Glauben Opfer bringen sollt, das heute, in einer Zeit, wo so viele Versuchungen an Euch herantreten von innen und von außen, wo es Euch so schwer gemacht wird, einzutreten für den Glauben, da wollen wir uns nicht irrmachen lassen, wollen uns nicht einschüchtern lassen.

Gewiß, der Glaube ist nicht jedermanns Sache von Natur aus, aber Ihr, die Ihr mit Eurer Jugend ihm zugetan seid, wißt es, was er für ein Gut, für ein Kleinod ist...

Ihr lieben jungen Freunde, bewahrt den Glauben, laßt Euch nicht abreden vom Glauben, wenn auch noch so viele gleißende Worte fallen. Nur er kann uns glücklich machen für Zeit und Ewigkeit. Ich habe dieses Vertrauen zu Euch. Mein Herz ist erfüllt mit Dankbarkeit und Genugtuung, daß Ihr heute so zahlreich gekommen seid... Und wie ich Vertrauen habe zu Euch für die Zukunft, meine lieben jungen Menschen, so sollt auch Ihr Vertrauen haben zum Bischof, Vertrauen haben darauf, daß es mit der Gnade des Heiligen Geistes gelingen möge, in dieser schweren Zeit.

Vielleicht haben so manche von Euch, Ihr lieben jungen Katholiken, in den letzten Monaten nicht alles verstanden, was die Bischöfe getan haben. Ihr wißt, um was es sich handelt. Aber wir können Zeugen sein, daß es den Bischöfen sehr am Herzen gelegen ist, nur das zu tun, was sie mit bestem Wissen und Gewissen tun konnten, daß sie sich bewußt sind, daß sie eine schwere Verantwortung vor dem Herrgott tragen. Die Gläubigen sollen beten, daß der Heilige Geist uns wieder erleuchte, und wir wollen mit dem Vertrauen auch die Zuversicht verbinden, daß wir keinen Schaden nehmen werden an unseren höchsten undTheiligsten Gütern.

Drittens: Wer einen lebendigen Glauben hat, den drängt es auch, den Glauben nach außen zu zeigen. Dann wäre der Glaube tot, wenn er sich nicht nach außen zeigte in Tatkraft, Arbeits- und Opferwille. Zeigt, daß Ihr Euren Glauben hochhaltet, indem Ihr für den Glauben werbt, auch andere zu beeinflussen sucht in diesem guten, höchsten Sinn, denn der Glaube lehrt, indem Ihr Kameraden und Kameradinnen durch Euer gutes Beispiel aneifert, das Gleiche zu tun, und besonders, indem Ihr den Schwankenden zeigt, daß auch sie wieder Mut gewinnen, sich nicht fürchten, daß sie eintreten für den Glauben, zu uns herüberkommen und so unsere Gemeinde nicht abnimmt, daß wir nicht ein kleines Häuflein werden, das immer mehr zusammenschmilzt.

Ihr wißt es selbst, und das muß uns trösten in unseren Tagen: Es gibt noch eine ideale, begeisterte, katholische Jugend, die sich nicht so leicht irremachen läßt, die weiß, welchen Weg sie zu gehen hat, und das sollt Ihr tun, da Ihr Euch zusammenschließt und anderen Gleichgesinnten das sagt und mit ihnen einen Weg geht und helft. Was man nicht schätzt, das liebt man nicht, und was man nicht liebt, für das bringt man keine Opfer.

Der heutige Abend soll Euch und allen den Vorsatz erwecken, daß wir unsere Pflicht treu erfüllen, daß wir zuerst dem Herrgott geben müssen, was ihm gehört, und dann werden wir auch die anderen Pflichten erfüllen, dann wird er uns die Kraft, den inneren Frieden, die Freude geben.

Predigt (leicht gekürzt) am 7. Oktober 1938 im Wiener Stephansdom.

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