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Chronik des Krachs

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Selbst für US-Präsident Ronald Reagan war der ganze Spuk eigentlich undurchsichtig. Er scheute sich auch gar nicht, das bei der ersten Pressekonferenz nach den Kursturbulenzen in der New Yorker Wall Street zuzugeben. Die Wirtschaftsdaten der USA seien in Ordnung, also wozu die ganze Aufregung, so der Grundtenor seiner Sicht der Dinge.

So wie Reagan reagierten wohl viele. Selbst heute bekommt man von eingefleischten Aktionären recht unterschiedliche Deutungen der Ursachen des Börsenkrachs und welche Ereignisse eigentlich was ausgelöst haben.

Trotzdem lassen sich bestimmte Stationen herausschälen, die nicht unwesentlich diesen „big crash“ wenn schon nicht auslösten, so doch zumindest beschleunigten.

Die Stimmungsverschlechterung zwischen den USA und der Bundesrepublik ist ein solcher Schritt. Er wurde am 9. Oktober mit der Ankündigung aus Bonn eingeleitet, eine zehnprozentige Quellensteuer ab 1988 bei DM-Anleihen einzuheben. Das schockte, so etwa die Süddeutsche Zeitung, die Anleger dermaßen, daß sie reihenweise ihre festverzinslichen Wertpapiere verkauften. Dieser Einbruch hat sich auch auf dem Aktienmarkt, wenn auch in abgeschwächter Form, niedergeschlagen.

Von den USA wurde diese Ankündigung jedenfalls als Signal der Bundesrepublik auf gefaßt, die Zinsen steigen zu lassen. Denn, vereinfacht gesagt, wenn die Bundesdeutschen in Zukunft trotz

Quellensteuer noch Anleihen kaufen sollen, dann muß der Staat als einer der Hauptemittenten wohl die Zinsen erhöhen, um für die Anleger den Verlust wieder auszugleichen. Erhöhte Zinsen bedeuten aber beispielsweise auch für Aktiengesellschaften in der Folge teurere Kredite, teurere Investitionen und damit letzlich eine schlechtere Ertragssituation.

Die USA drohte jedenfalls im Gegenzug, den Dollar sinken zu lassen. Das würde natürlich die deutschen Exporteure empfindlich treffen, weil sich ihre Produkte auf Dollar-Märkten stark verteuern würden.

Dazu präsentierten die USA am 14. Oktober ihr Handelsbüanzdefizit. Es fiel mit 15,7 Milliarden Dollar schlimmer als erwartet aus (dabei betrug das Defizit im Juli 16,5 Milliarden!). Die Folge: Der berühmte Dow-Jones-In-dex fiel um 95 Punkte. Zu diesem Zeitpunkt bröckelten auch in Wien die Kurse, was Kommentatoren aber eher für eine übertriebene Reaktion auf das US-Handelsbilanzdefizit hielten. Dow-Jones fiel jedenfalls um weitere 60 Punkte und am 16. Oktober noch einmal um 108 Punkte. Dazu kam, daß die Computersicherheitsgrenzen der großen Anleger wie Banken, Versicherungen und Firmen fielen und weitere Aktien den Markt überschwemmten. Der Sturm hat sich inzwischen bekanntlich etwas gelegt, wenn auch noch nicht völlige Entwarnung für Aktienkäufer gegeben wird.

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