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Claude und die anderen

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Claude Wagner (50) — wie Kanadas letzter Tory-Premierminister John Diefenbaker deutscher Abstammung — könnte der nächste Regierungschef des zweitgrößten Landes der Erde werden. Am 22. Februar wählen die Konservativen einen neuen Parteiführer, und Claude Wagner gilt als Favorit. Das vorwiegend französischsprachige Quebec ist die Achillesferse der Tories. Nur vier der 74 Abgeordneten, die Quebec nach Ottawa entsendet, sind Konservative. Kein anderer Kandidat für die Parteiführung hat in der Belle Province so gute Chancen, Wähler zu gewinnen, wie der Quebeker Claude Wagner.

Wegen seines unerschrockenen Vorgehens gegen die Unterwelt und die Korruption war Claude Wagner bereits als junger Richter weithin bekannt. Innerhalb weniger Jahre wurde er Justizminister von Qubec. Als die Liberale Partei im Herbst 1969 einen neuen Führer wählte, wurden Claude Wagner die besten Chancen zugebilligt. Die liberale Parteimaschine aber entschied sich für den späteren Premier Robert Bourassa und Claude Wagner unterlag. An dritter Stelle landete Pierre Laporte, der 1970 von Terroristen-Separatisten ermordet wurde. Claude Wagner aber zog sich enttäuscht aus der Politik zurück. Im Herbst 1972 jedoch gab er das Richteramt auf, trat der Konservativen Partei bei und zog bald darauf als Abgeordneter nach Ottawa.

Dreimal hatte Robert Stanfield versucht, Premierminister Pierre Trudeau aus dem Sattel zu heben. 1972 war Stanfield dem Sieg nahe, doch Trudeau blieb mit einer Minderheitsregierung an der Macht. Bei den Wahlen von 1974 trat Stanfield für eine Lohn- und Preiskontrolle ein. Trudeau kämpfte dagegen und siegte. Damit war Stanfields Schicksal als Führer der Konservativen besiegelt, obwohl Premierminister Trudeau ein Jahr nachher selber die Lohn- und Preiskontrolle einführen mußte.

Da die Konservativen sehr gute Chancen haben, bei der nächsten Wahl zu siegen, ist die Zahl der Kandidaten gro$. Zu ihnen gehören der Exliberale Paul Hellyer, vordem Verteidigungsminister und zweiter Mann der Regierung Trudeau, Jack Horner, der populärste Kandidat aus dem „Goldenen Westen“, und Professor Jim Gillies, einer der bekanntesten Volkswirtschaftler der Nation. Viel hängt allerdings davon ab, welcher Kandidat mit einer zündenden Rede die noch „ungebundenen“ Delegierten der Tories gewinnen kann.

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