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Clavigo stirbt wie in der Oper

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Claus Peymann inszenierte am Wiener Burgtheater „Clavigo", das nach einer Vorlage von Beaumarchais in acht Tagen geschriebene Stück des jungen Goethe. Vieles gilt als nicht mehr sprechbar. Peymann wäre nicht er selbst, könnte er nicht die Sprech-barkeit des angeblich Unsprechbaren beweisen.

Das ganz große Plus: Ulrich Mühe als Clavigo. Interessant in Betonung, Gestik, Mimik. Sehr gut: Paulus Manker als Carlos. Rund um den riesigen Billardtisch (Ausstattung: Karl-Ernst Herrmann) ist Raum für jede Art Aufeinanderzu, Voneinanderweg, Aneinandervorbei. Weiße Anzüge signalisieren Heutigkeit. Manker spielt Carlos wie Clavigos anderes Ich, das nur sagt, was dieses längst denkt. Als Psychogramm des Aufsteigers, der nicht zögert, sich von der hinderlich gewordenen Frau zu lösen, als Registratur seiner Motive ist die Aufführung hochaktuell. Viele leise Stellen gehen unter.

Leider kommt neben Clavigo und Carlos auch Marie mit ihrer Familie vor. Marie (Andrea Clausen) und die Ihren (Kirsten Dene zieht sich mit dunkler Stimme aus der Affäre) werden im putzig biedermeierlichen Guckkasten in die Szene geschoben oder gehievt. Peymann hält sich (und Clavigo) Marie nebst Anhang vom Leib. Sie wird als Ganzes ironisiert. Arme Marie. Die Szene am Sarg aber - ach, hätte Peymann hier doch kräftig gestrichen! Ulrich Mühe stirbt lang, ausführlich und ungemein romantisch. Er stirbt wie ein Opernheld. Doch leider singt er nicht dabei.

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