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Da irrte Teilhard

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Ein am 30. Juni 1962, also unter dem Pontifikat Johannes' XXIII., herausgegebenes Monitum schließt mit folgenden Worten: „Deswegen ermahnen die hochwürdigen Väter des Heiligen Offiziums alle Bischöfe.... daß sie die Gemüter, vor allem die Jugendlichen, gegen die Werke des P. Teühard de Chardin und gegen die Gefahren von seiten seiner Anhänger wirksam schützen.“

Das sind deutliche Worte gegen das gewiß in ehrlicher Bemühung um eine Versöhnung des Glaubens mit der Wissenschaft verfaßte Werk des ehrwürdigen Jesuitenpaters. Ein Beweis für die Weitsicht des Heiligen Offiziums und die Notwendigkeit dieser Mahnung ist das zunehmende Interesse gnostizistischer Sekten für die Spekulationen Teilhards, etwa der Anthroposophen und neuerdings der Anhänger des sogenannten New Age.

Bei diesen Lehren handelt es sich stets um Häresien, also um eine Auswahl von Gedanken und Lehren aus den geistigen Substanzen verschiedener Religionen, Philosophien, Ideologien und Wissenschaften zwecks Herstellung einer Religionsersatzmischung (Synkretismus), die dem Geschmack des jeweiligen Zeitgeistes entgegenkommt. Sie läßt sich dementsprechend gut verkaufen. (Das Wort Häresie kommt vom griechischen hairein: auswählen).

Die Sympathie von New Age für die Ansichten Teühards beruht auf einem Mangel an erkenntnistheoretischer Arbeit, der dem Werk dieses Priesters leider anhaftet. Es ist phüosophische Unbedarftheit, welche den Naturwissenschafter Teilhard de Chardin auf jenen Kollisionskurs mit der Lehre der katholischen Kirche geführt hat, vor welchem das Monitum warnt.

Entgegen der Meinung vieler Theologen und zahlreicher Laien lehnt die Lehre der Kirche Teühards Spekulationen (die sowohl philosophisch als auch naturwissenschaftlich nicht haltbar sind) nach wie vor ab.

Zu den erkenntnistheoretischen Irrtümern Teilhards gehört die Verwechslung der hervorbringenden Urteilskraft der Physik und Chemie (die Messung, das Experiment) mit der anschauen“ den Urteilskraft in der Morphologie (der Erfassung von Formen). Letztere ist für seine Evolutionsbetrachtung entscheidend.

Aufgrund dieser Verwechslung kommt es bei ihm zu einer Vermischung der Urteilskräfte (gewissermaßen zu einem erkenntnistheoretischen Synkretismus, was - wie gesagt—den Sekten gefällt). Das läßt Teilhard von einer „Hy-perphysik“ träumen, mit welcher dereinst die biologischen oder sogar die geistigen Strukturen erfaßbar sein sollen.

Damit gerät er in unmittelbare Nähe des dialektischen Materialismus, wo der Geist ein Produkt der Materie ist.

Ein weiterer verhängnisvoller Denkfehler besteht in folgendem: Teilhard meint, Zusammenhänge, die real gegeben sind, müßten immer kausal (auf Verursachung basierend) sein, was beim christlichen Denken gerade nicht der Fall ist.

Da Teilhards Evolutionismus „kausal-transformistisch“ (Hengstenberg) geprägt ist, kann er als eine Kausalkette von Gestaltsveränderungen zur Ausschaltung von Schöpfungsakten verwendet werden (was den Atheisten Wasser auf die Mühlen leitet).

Jedoch lehren alle Zuchterfahrungen, daß die Artengrenze un-übersteigbar ist, so daß die verschiedenen Arten Zeugen für Gottes Schöpfungstaten sind. Nicht auf kausalen Veränderungen beruhende Evolutionstheorien widersprechen der biblischen Schöpf ungsgeschicht nicht: „Gott machte das Wild des Feldes nach seinen Arten, das Vieh nach seinen Arten und alles Gewürm auf dem Erdboden nach seinen Arten. Und Gott sah, daß es gut war.“ (Gn 1.25)

Der Autor ist Profeitor für physikalische Chemie an der Universität Basel.

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