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Digital In Arbeit

Dalling er ist wieder Buh-Mann

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In Niklasdorf gingen Arbeiter und Bevölkerung auf die Straße: Sie streikten für einen raschen Verkauf der im halbstaatlichen (CA-)Besitz befindlichen Papierfabrik an eine saudiarabische Finanzgruppe. Und sie forderten dafür vom ÖGB Schützenhilfe.

Zur gleichen Zeit diskutierten im Wiener Konzerthaus die Delegierten zum ÖGB-Bundeskon- greß die Anträge: Und dort wurde jeder Gedanke einer Reprivatisierung kategorisch als indiskutabel verworfen und abgelehnt.

Hie Forderungen von Betriebsrat und Belegschaft, die um Arbeitsplatz und Lebensgrundlage fürchten, dort die Beschlüsse von Funktionären, die sich — politisch und ideologisch motiviert — vor einzelunternehmerischen Privatinteressen fürchten.

Ein kleines Beispiel, das zeigt, welche Spannungen auf die Gewerkschaftsbewegung zukommen, Interessenskonflikte, mit denen sie erst fertigwerden, muß. Es war sicher nicht leicht, einen Kompromiß in der Ęrage der Arbeitszeitverkürzung zu finden, also nun die 35-Stunden-Woche ohne konkreten Zeitpunkt zu fordern, doch diese harten Nüsse werden ungleich schwieriger zu knacken sein.

Ein Mann, der vor den anstehenden Problemen seine Augen nicht verschließt, ist Sozialminister Alfred Dallinger. Sein „Denkanstoß“ zur Finanzierung unseres sozialen Systems war denn auch die einzige Überraschung des ÖGB-Kongresses. Und Dallinger wurde damit — wieder einmal — zum Buh-Mann der Nation.

Unbestritten ist, daß zwischen der Beschäftigtenzahl einerseits und dem Beitrags- und Steueraufkommen andererseits ein enger Zusammenhang besteht. Unbestritten daher auch, daß eine durch Rationalisierung sinkende Beschäftigtenzahl unmittelbare Rückwirkungen auf die Finanzen des Sozialsystems hat.

Daher Dallingers Überlegung: Jene Mittel, die durch rationalisierungsbedingten Beschäftigtenabbau verlorengehen, sollen durch eine Art Steuer auf den erhöhten. Produktivitätsgewinn hereingespielt werden.

Man kann gegen diesen Vorschlag gewichtige sachliche Bedenken anmelden: Würde damit die Modernisierung und Rationalisierung der Wirtschaft gebremst, wäre dies eine gefährliche und verhängnisvolle Weichenstellung.

Man muß aber ebenso feststellen, daß sonst noch niemand gesagt hat, wie denn er die Finanzierung des Sozialsystems in Zukunft gewährleisten möchte.

Kurz: Dallinger hat laut nachgedacht, was er sich vorstellen könnte. Bei ihm weiß jeder, egal wie man zu ihm steht, woran — besser: wofür und wogegen — man ist. Andere sagen einstweilen nur laut, was sie sich nicht vorstellen können. Zu groß ist die Angst, sich den Mund und die Finger an heißen Eisen zu verbrennen. Ob damit das Problem zu lösen ist?

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