6868879-1978_15_08.jpg
Digital In Arbeit

Damit Erfindungen nicht zweimal gemacht werden müssen

Werbung
Werbung
Werbung

Den Anfang machte die Industrie; die Universitäten kamen ihr aber offensichtlich gerne ein paar Schritte entgegen. Seit Dr. Hans Igler, Präsident der Vereinigung österreichischer Industrieller, die Mitglieder der österreichischen Rektorenkonferenz ins Haus der Industrie gebeten und dabei betont hatte, Forschung sei die zentrale Komponente des wirtschaftlichen Wachstums, seit Ende November 1977 also, bemüht sich eine Gruppe von Experten, die Bande zwischen Universität und Industrie enger zu knüpfen. Dieser gehören der Generalsekretär der Rektorenkonferenz, Dr. Raoul Kneucker, Dr. Peter Kaprai von der Industriellenvereinigung und Dr. Otto Obendorfer von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft an.

„Es soll eine Intensivierung der Kontakte in zwei Richtungen erfolgen, einerseits eine Verbesserung der Information darüber, was an den Universitäten geforscht wird, anderseits eine bessere Artikulierung dessen, was sich die Industrie erwartet“, betont Kaprai zunächst die Wichtigkeit von mehr Kommunikation. Drei Aspekte erscheinen ihm wesentlich: ein wissenschaftlicher („damit das Rad nicht zweimal erfunden wird“), ein personeller („praxisorientierte Ausbildung durch Problemlösung in Form von Diplomarbeiten“) und ein rein materieller („bessere Ausnützung vorhandener, Absprache bei Anschaffung teurer Geräte“).

Einen „Ausverkauf der Universitäten an die Industrie“ wünscht sich niemand, und tatsächlich ist ein solcher bei realistischer Betrachtung der einsetzbaren Beträge überhaupt nicht denkbar. 1975 hat die Industrie rund 3,5 Milliarden Schilling für Forschungsprojekte ausgegeben, aber davon nur 14 Prozent an externen Ausgaben - wovon Forschungsaufträge für Hochschulinstitute wieder nur ei-nen geringen Teil ausmachten. Zwischen der an den Hochschulen betriebenen Grundlagenforschung und der für die Praxis interessanteren angewandten Forschung, auch der experimentellen Entwicklung muß man, wie Dr. Obendorfer besonders hervorhebt, sehr genau unterscheiden.

Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten zeigen, daß die Innovation keineswegs ein Vorrecht großer Unternehmen ist, die ohnehin oft selbständig Forschung betreiben und durch eine intensivierte Kooperation mit den Universitäten weniger gewinnen können. Aber gerade kleine und mittlere Betriebe sind meist sehr wendig und eher bereit, neue Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Wichtig ist

nur, dem einzelnen Industriebetrieb den Zugang zu jenem Hochschulinstitut, das für die Vermittlung derartiger fachspezifischer neuer Erkenntnisse in Frage kommt, möglichst leicht zu machen. Für Obendorfer ist das Hauptproblem, „die richtigen Leute zusammenzubringen“. Mit der Herstellung des persönlichen Kontaktes zwischen den führenden Köpfen einer Branche und der entsprechenden Universitätsinstitute ist schon vieles gewonnen.

Schon bestehende Verbindungen zwischen Industriebetrieben und Hochschulinstituten sollen aber weder institutionalisiert noch zentralisiert werden, betont Univ.-Prof. Dr. Kurt Komarek, Rektor der Universität Wien und Vorsitzender der Rektorenkonferenz, sekundiert von Dr. Kneucker. Auch auf zukünftige Kontakte soll kein Einfluß genommen werden, lediglich als Angebot für Betriebe, die über die für sie interessante universitäre Forschungstätigkeit informiert

werden wollen, über Kontaktpersonen an den einzelnen Hochschulen die Kommunikation mit den entsprechenden Instituten hergestellt werden. Die Freiheit der Wissenschaft darf nicht in Gefahr geraten, „die Industrie darf nicht einseitig bestimmen, was geforscht wird“, unterstreicht Komarek; außerdem hat natürlich jedes Institut das Recht, Kontakte mit Industriebetrieben abzulehnen. Wahrscheinlich wird sich die Frage einer Kooperation mit der Industrie für etliche Institute gar nicht stellen. Aber vielleicht kann sogar die Ägyptologie der Industrie neue Erkenntnisse, etwa im kosmetischen Bereich (Mumifizieren) oder in der Architektur (Pyramidenbau), vermitteln.

Komarek sieht in der Initiative eine „Öffnung der Universität zur Gesellschaft“, die keineswegs auf die Industrie beschränkt bleiben sollte, sondern überall zum Tragen kommen müßte, wo die Hochschule zur prakti-

schen Bewältigung des Lebens beitragen könne. Kommt aber dieses Betonen der universitären Forschung nicht zu einer Zeit, wo durch Bürokratismus und Budgetlöcher kaum mehr Zeit und Geld in genügendem Ausmaß für die Forschung zur Verfügung stehen?

Gerade in dieser Situation will Komarek zeigen, daß die Universitäten nicht in einem Elfenbeinturm, sondern der Öffentlichkeit gegenüber verantwortungsbewußt operieren, will er der Bürokratisierung durch den Hinweis auf andere Aufgaben einen Riegel vorschieben: „Beim Widerstand gegen das UOG standen die Universitäten allein. Das Schicksal der Universität ist der Öffentlichkeit vielleicht nicht mehr so egal, wenn man sieht, was hier geleistet wird.“ Der Informationsfluß ist dem Wiener Rektor wesentlich wichtiger als ein etwaiger Geldfluß, wenn Industriebetriebe Universitätsinstitute für bestimmte Forschungstätigkeiten entschädigen. Und besonders am Herzen dürfte Komarek die berufliche Laufbahn der Assistenten und Studenten liegen, die sich durch verstärkten Personalaustausch zwischen Hochschulinstituten und Industriebetrieben zwar nicht sichern, aber auf etwas festeren Grund bauen läßt. Ein kleiner Beitrag im Kampf gegen die vielzitierte drohende Akademikerarbeitslosigkeit.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung