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Darf man sie verbrennen?

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Ins Schußfeld der Kritik sind seit längerem die Kunststoffe geraten. Im Gegensatz zu Papier, Karton und Glas funktioniert bei diesem Verpackungsmaterial das Recycling kaum. Den chlorhaltigen Kunststoffen (typischer Vertreter das PVC) wird außerdem schwere Umweltbelastung vorgeworfen. Nach anfänglichen Abwehrschlachten zur Verteidigung von PVC beginnt die Kunststoffindustrie sich mit dem Umstieg auf andere Kunststoffe anzufreunden.

Durch die Verpackungsverordnung muß nun auch bei Kunststoffen die Wiederverwertung großflächig einsetzen: 80 Prozent bis zum Ende der neunziger fahre. In Österreich kann dies auch durch Verbrennung geschehen.

Vor einer Verbrennung von Kunststoffen, vor allem in Anlagen, in denen alles zusammenkommt, warnen aber Umweltschützer vehement: „In einer Müllverbrennungsanlage ist bei Anwesenheit von Chlor, Kupfer und Sauerstoff die Bildung von Dioxinen bei allen Kunststoffen möglich. Die Kunststoffindustrie beschränkt sich aber darauf, die Verbrennung unter idealen Bedingungen anzuführen: Im Labor kommt tatsächlich CO2 und Wasser bei der Verbrennung heraus, nicht aber in der Müllverbrennungsanlage," erklärt Lore Kummer von der „Bürgerinitiative Flötzersteig".

Das sei richtig, antwortet Helmut Hubeny, Leiter des Labors für Kunststofftechnik in Wien. Diese Ei-

genschaft teilten Kunststoffe mit allen Brennstoffen. Solange man Unmengen von Erdgas und Erdöl verbrenne, könne man dies mit gleichen Risken auch mit Kunststoffen tun - allerdings in Anlagen, die für sorgfältige thermische Verwertung eingerichtet werden. Weil das sortenreine und saubere Sammeln von Kunststoffen kaum wirtschaftlich ist, sei die stoffliche Verwertung dieser Stoffe nur mit übergroßem Aufwand durchzuführen. „Ich schätze, daß die derzeitige Wiederverwer-tungsrate (sie liegt zwischen fünf und acht Prozent) auch bei gestiegenen Rohstoffpreisen kaum weit über 20 Prozent steigen kann," stellt Hubeny fest.

Könnte man Kunststoffe eher wiederverwerten, wenn ihre Vielfalt verringert würde? „Einer der Vorteile der Kunststoffe lag bisher darin, daß man sie für die jeweiligen Zwecke, für die sie verwendet wurden, sozusagen maßgeschneidert angefertigt hat. Daher auch ihre heutige Vielfalt. Diese ist aber keine notwendige Konstante. Wenn wir jetzt dem Problem der geordneten Entsorgung gegenüberstehen und ihm Priorität einräumen, dann sollte es auch möglich sein, die Kunststoffe entsprechend, also wiederum nach Maß, aber nach einem neuen ökologischen Maß, zu konzipieren. Das würde langfristig auch die Ausrichtung auf nachwachsende Rohstoffe bedeuten," skizziert Hubeny einen möglichen Ausweg aus der Problematik.

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