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Das Apostolat der Laien leidet unter Zersplitterung

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Spektakuläre Auseinandersetzungen über die vom Zweiten Vatikanischen Konzil ausgelösten Entwicklungen beschäftigen bis heute, mehr als zehn Jahre nach dem Konzilsende, die Katholiken. Dabei geht es nicht nur um die Fragen der Liturgie, auch prinzipielle Aussagen des Konzils werden kritisch betrachtet und ihre Wirksamkeit überprüft. Bei diesen Auseinandersetzungen stellt sich klar heraus, daß das Konzil immer noch große Aktualität besitzt, schon allein, weil man feststellen muß, daß noch nicht in allen Bereichen eine Wirksamkeit spürbar geworden ist. Aus der Geschichte weiß man zwar, daß Konzilien erst nach Jahren oder Jahrzehnten zum Tragen kommen, trotzdem muß man bei vielen Katholiken, und gerade bei engagierten, ein gewisses Unbehagen wegen der Folgen aus dem Konzü feststellen. Diese engagierten Katholiken stellen sich auch die Frage, wie weit die Aussagen des Konzils über die Aufgaben der Laien, speziell in den or ganisierten Formen, einer Verwirklichung zugeführt und die Erwartungen der Konzilsväter erfüllt werden könnten.

Im vierten Kapitel des Dekretes über das Apostolat der Laien stellen die Konzilsväter fest, in den gegenwärtigen Verhältnissen sei es „geradezu unerläßlich, daß im Bereich der Tätigkeit der Laien die gemeinwirtschaftliche und organisierte Form des Apostolates gestärkt wird; denn die enge Verbindung der Kräfte allein ist imstande, die Ziele des heutigen Apostolats voll zu erreichen und seine guten Ergebnisse wirksam zu verteidigen“.

Diese organisierte Form des Apostolates der Laien hat es schon vor dem Konzil gegeben: Die Katholische Aktion besteht schon seit über 50 Jahren. Hat sich die Wirksamkeit der Katholischen Aktion und auch anderer katholischer Organisationen durch das Konzü gesteigert? Wenn das unmittelbare Ziel der Katholischen Organisationen, die in der ihnen eigentümlichen Weise mit der Hierarchie Zusammenarbeiten, die Evangelisierung und Heüigung der Menschen ist, so ist die erste Voraussetzung dazu, daß diese Organisationen in den kleinsten Einheiten, der Pfarre oder Kleingruppen, wirksam werden.

Obwohl das auf vielen Gebieten geschieht, ist doch eine gewisse Zersplitterung der Kräfte gerade in den Pfarren eingetreten, nicht zuletzt durch die auf Grund der Synode eingeführten offiziellen, vom Pfarrvolk gewählten Gremien der Pfarrgemeinderäte. Wer sonst, als bereits in den Katholischen Organisationen engagierte Christen, sind die Träger dieser Gremien? In vielen Fällen wird über dasselbe’Problem zweifach beraten; und für die Durchführung der Beschlüsse fehlt es oft an Kräften.

Niemand wird bestreiten, und das Konzil bestätigt es ausdrücklich, daß „das gemeinwirtschaftliche Apostolat von großer Bedeutung“ ist und daß „sowohl in den Gemeinschaften der Kirche als auch in den verschiedenen Milieus ein gemeinschaftliches Vorgehen“ zu verlangen ist. Doch bedingt durch die Überlastung mancher Pfarrer, aber auch durch einen gewissen

„Pfarregoismus“ mancher Gemeinde ist es in vielen Fällen nicht möglich, zentrale Anliegen pastoraler Art in die Pfarren zu tragen und einer Verwirklichung zuzuführen.

Gerade in letzter Zeit hat sich die Katholische Aktion ihrer sicherlich nicht unwesentlichen Aufgabe der gesellschaftspolitischen Arbeit angenommen. Im Sinne der Kirche hat sie zu vielen gesellschaftspolitisch relevanten Ereignissen Stellung bezogen und Aktionen gestartet, die überhaupt nur durch die organisierte Form der Gemeinschaft möglich waren. Die Durchführung des letzten Katholikentages war von den Katholischen Organisationen getragen, das Volksbegehren im Rahmen der Aktion Leben war • nur durch die organisatorische Stütze der Katholischen Aktion verwirklichbar. Die ORF-Glaubensseminare, die erfolgreichsten aller Studienprogramme des ORF-Medienverbandes, zeigen die Notwendigkeit der Großorganisation einer Katholischen Aktion mit all ihren Gliederungen und Werken.

Der engagierte Laie kann sich aber trotz aller positiven Leistungen der Katholischen Organisationen eines gewissen Unbehagens nicht erwehren.

• Die Aussagen des Konzils über die organisierte Form des Apostolates der Laien werden entweder nicht gekannt (wie es für die meisten Aussagen gilt) oder nicht ernst genommen.

• Obwohl das Konzil betont, daß „die für die gemeinsamen apostolischen Aktionen errichteten Vereinigungen die Mitglieder stützen und sie für das Apostolat bilden, so daß man viel reichere Frucht erwarten kann, als wenn die einzelnen jeder für sich handeln“, wird diese Tatsache von an sich für das Apostolat bereiten Laien, aber auch von vielen Priestern nicht ernst genommen.

• Die Organisationen selbst haben sich - und das bleibt zu bedauern - in ihrer methodischen Arbeit zu wenig auf die Verhältnisse der heutigen Zeit umgestellt.

• Die Einladung des Konzils an die Priester, in den Organisationen, die das apostolische Ziel der Kirche verfolgen, mitzuarbeiten, verhallt oft un- gehört. Ob die Überlastung der Priester oder die Mentalität des „Störe meine Kreise nicht“ die Ursache ist, soll hier-nicht untersucht werden. Tatsache ist, daß es trotz der Forderung des Konzils, zur Unterstützung der besonderen Formen des Laienapostolates mögen geeignete und wohlausge- bildete Priester sorgfältig ausgewählt werden, Gruppen gibt, vor allem auch Jugendgruppen, die ohne geistliche Betreuung eines Priesters auskom- men müssen.

• Vielleicht geht manchem engagierten Laien auch die vom Konzil geforderte besondere Sorge der Bischöfe ab. Ermutigende Worte zur rechten Zeit, das ständig geführte Gespräch, das öffentliche Bekenntnis und die ständig gezeigte Bereitschaft der Kooperation werden dem - übrigens auch durch seine beruflichen und familiären Pflichten überlasteten — Laien den Mut und die Ausdauer geben, in den organisierten Formen des Laienapostolates seine Kraft für die Verwirklichung der Ziele der Kirche einzusetzen.

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