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Digital In Arbeit

Das Auto als Freiraum?

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FURCHE: Wie unterscheiden sich Probleme und Stellenwert des Designs im PKW-Bau und in anderen Bereichen?

AUBÖCK: Wenn Sie einen Suppenlöffel mit einem Auto vergleichen, liegt der Unterschied auf der Hand — viel kleiner ist er vom gedanklichen Ansatz, der Zielsetzung des Designs her, ein gebrauchstüchtiges Produkt zu erschwinglichem Preis mit möglichst langer Lebensdauer zu schaffen.

FURCHE: Sind das wirklich immer die Ziele?

AUBÖCK: Im Normalfall sicher. Das ist, wie wenn Sie fragen würden: Ist Ehrlichkeit normal?

FURCHE: Falls es gelänge, den Löffel zu entwickeln, der keiner Mode und A bnützung unterliegt, wäre es um die Arbeitsplätze in der Besteckindustrie schlecht bestellt.

AUBÖCK: Für realistischer

halte ich die Lesart, daß es kaum ein Produkt gibt, das sich nicht verbessern ließe.

FURCHE: Ist jede Veränderung eine Verbesserung?

AUBÖCK: Beim PKW kommt sicher das Emotionale dazu. Viele Autos vermitteln ein Image, als könnte jeder ein sportlicher Fahrer sein. Es kommt doch auf ganz anderes an.

FURCHE: Zum Beispiel?

AUBÖCK: Bequemlichkeit, Kopffreiheit, ermüdungsfreies Sitzen, Sicherheit und so weiter, nicht auf die Schnittigkeit.

FURCHE:Design hat aber doch klar gestellte Aufgaben im Sinn des Firmen-Managements?

AUBÖCK: Der Designer soll nicht nur Erfüllungsgehilfe sein, er soll eine Meinung haben und sie seinem Auftraggeber verständlich machen. Aber sicher wird nicht selten das Auto als Spielzeug oder Sportgegenstand aufgebaut. Damit fahrt man dann zur Arbeit und wieder nach Hause.

FURCHE: Kommen weitere emotionale Faktoren dazu?

AUBÖCK: Bewußt oder unbewußt ist das Auto für viele gleichbedeutend mit Freiraum, auch wenn dies eine Illusion ist.

FURCHE: Kann sich auch dieses Freiheitsbedürfnis im Design ausdrücken?

AUBÖCK: Viele Autos, vor allem aus dem fernen Osten, wimmeln doch von Gags, da haben Sie einen Führerstand fast wie in einem Raumschiff. Das Gerät gibt sogar mündliche Anweisungen. Die Entwicklung geht hier dahin, das Gefühl zu vermitteln, man sei

eine Art Dirigent,. könne auf Knopfdruck Dinge in Gang setzen, ein Freiraum der persönlichen Entscheidung wird suggeriert. '

FURCHE: Vom klassischen Ansatz her tendiert Design zu immer größerer Annäherung an die ideale Lösung einer Aufgabe. Müßte eine vielleicht einmal erreichte perfekte Form nicht wieder aufgegeben werden — nur um der Veränderung willen?

AUBÖCK: Ich möchte diese geplante öbsoleszenz deutlich vom Design absetzen. Wenn man jedes. Jahr neue Chromleisten aufklebt, die alte Technik aber bleibt, ist das nicht Design, sondern Styling. In den USA wurde das zeitweise vehement gemacht

FURCHE: Ist es bei uns so sehr anders?

AUBÖCK: Es gibt einen ausgeprägten Trend zum Auto, das so lang wie möglich mit geringen

Veränderungen gebaut wird. Klassisches Beispiel: Der Citroen, der 30 Jahre erzeugt wurde. Auch seine Nachfolger hatten 20 Jahre Laufzeit. Das ist Design.

FURCHE: Weitere Beispiele?

AUBÖCK: Nehmen Sie Porsches genialen Wurf, den Käfer -oder Fords Tin Lizzie, den Ford T. Das waren Autos, die voll und ganz ihrer Zeit entsprachen. Es gibt sie auch heute.

FURCHE: Wie müßte heute ein Auto aussehen, das in seiner optischen Erscheinung so lang bestehen kann?

AUBÖCK: Heute wäre schon beim Design auf Reparaturfreundlichkeit zu achten, auf leichte Austauschbarkeit von Teilen. Hier sind die ungelösten Probleme. Optisch sehen ja 80 Prozent der Autos wie Cousins aus, aber nicht, weil die Leut' einfallslos sind, sondern weil es unter den Vorgaben, die den Lösungen zugrunde liegen, nicht viele Möglichkeiten gibt. Ich würde ferner vor allem wünschen: bessere Uberblickbarkeit der Instrumente, eine Sitzbequemlichkeit, die nicht mehr, was ja völlig unfunktionell ist, vom Fauteuil abgeleitet wird, mehr Kopffreiheit, besseres Einsteigen, höher gebaute Autos, nicht zuletzt wegen des besseren Uberblicks auf die Straße - lauter offene Forderungen, von denen zu wenig erfüllt wird.

FURCHE: Was fahren Sie?

AUBÖCK: Ich habe einen 124er Mercedes und einen Golf für die Stadt.

Mit dem Architekten, Designer und Präsidenten des Osterreichischen Design-Institutes Carl Auböck sprach Hellmut Butterweck.

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