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Das Bild des zufriedenen Patienten

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Der Versicherungsschutz der privaten Krankenversicherung betrifft das mit einer Krankheit verbundene finanzielle Risiko. In den speziellen Krankenhauskostentarifen wird das finanzielle Risiko eines Aufenthaltes in der Sonderklasse gedeckt. Warum ein Patient „auf Klasse" liegen will und wie weit seine Erwartungen dort erfüllt werden, diese Frage könnte die private Krankenversicherung den Spitalsträgern überlassen. Deren Produkt heißt „Sonderklasse", das Produkt, das die private Krankenversicherung verkauft, heißt „Abdeckung des finanziellen Risikos beim Aufenthalt in der Sonderklasse".

Die Zufriedenheit mit dem privaten Krankenversicherer wird sich zuerst daran orientieren, ob die Leistung prompt erbracht und die Prämie knapp kalkuliert wird.

Daß der Patient mit einem Aufenthalt in der Sonderklasse zufrieden ist, dafür müßte in erster Linie der Spitalsträger sorgen.

Trotz dieser säuberlichen Trennung, die am Beginn der Entwicklung der privaten Krankenversicherung durchaus Geltung hatte, ist es inzwischen zu einer engen Koppelung beider Produkte gekommen: Die Sonderklasse ist ohne private Krankenversicherung im derzeitigen Umfang nicht aufrechtzuhalten, andererseits kann die private Krankenversicherung das Bedürfnis nach Sicherheit vor finanziellem Risiko nur dann decken, wenn es ein Bedürfnis nach Sonderklasse gibt.

Es ist für die private Krankenversicherung daher wichtig, Motive und Bedürfnisse,Behagen und Unbehagen ihrer Versicherten im Zusammenhang mit Spitalsaufenthalten zu kennen. Sie hat dabei Vorteile, die das Herz jedes , Marktforschers höher schlagen lassen: Sie kennt die „Käufer" des „Produktes" und kann sie daher auf dem Postweg erreichen, und es geht um ein „Produkt", zu dem jeder etwas zu sagen hat. Die Bereitschaft ist schon groß, im Bekanntenkreis jedem — ob er es hören will oder nicht — zu erzählen, wie es im Spital war. Wie groß muß sie erst sein, wenn man konkret und mit Interesse danach gefragt wird!

Die private Krankenversicherung hat eine solche Befragung bereits zweimal durchgeführt: im Juli 1981 und im September 1982. Privat versicherte Patienten haben einen Monat hindurch die österreichischen Spitäler getestet und benotet. Jedesmal wurden mehr als 5.000 Fragebögen eingeschickt und ausgewertet. Befragt wurden Patienten, die im Testmonat aus dem Spital entlassen wurden. Sie gaben unter anderem Auskunft über die allgemeine Zufriedenheit mit dem Spital, über das Essen, über die Besuchszeiten, über die Betreuung durch das Pflegepersonal und über die Aufmerksamkeit und die Informationsbereitschaft der behandelnden Ärzte.

Wenn auch die Ergebnisse der •weiten Befragung noch einer eingehenden Analyse bedürfen, zeigt sich doch mit einem Notendurchschnitt von 1,6 nach Schulnoten in beiden Befragungswellen eine überraschend hohe Zufriedenheit mit den Leistungen der Spitäler. Die Zufriedenheit steigt, je weniger Patienten im gleichen Zimmer waren, sie ist im Privatspital höher als in der Sonderklasse eines öffentlichen Krankenhauses, der Patient war zufriedener, wenn der Primararzt die Behandlung selbst durchgeführt hat oder wenn der Patient zumindest den behandelnden Arzt vorher gekannt hat. Deutlich sinkt die Zufriedenheit mit dem Krankenhaus, wenn der Patient den Eindruck hatte, über seine Krankheit nicht ausreichend informiert gewesen zu sein.

Eine besondere Rolle bei der Beurteilung eines Krankenhauses spielt der behandelnde Arzt. Während nur 28 % der Patienten auf der Allgemeinen Gebührenklasse den Arzt, der sie im Krankenhaus behandelt hat, vorher gekannt haben, hatten diesen Vorteil 44 % der Patienten in der Sonderklasse und 82% der Patienten in einem Privatspital. Diesen Unterschieden trägt auch die Benotung der Betreuung durch den behandelnden Arzt Rechnung. Drei Viertel der Patienten im Privatspital haben die Betreuung durch ihren behandelnden Arzt als sehr intensiv bezeichnet. Interessantes Detail am Rande: Primarärzte schneiden mit einem Notendurchschnitt von 1,33 etwas besser ab als andere Ärzte (1,55).

Ein ähnliches Bild bietet sich auch bei der Beurteilung der Betreuung durch das Pflegepersonal, wobei, wenn man den Ergebnissen folgt, den Schwestern in den Privatspitälern von ihren Patienten besonderes Lob zuteil wird: Von 100 Patienten geben ihnen 76 die Note 1 (sehr zufrieden), 18 die Note 2 und 4 die Note 3. Die Noten 4 und 5 wurden nicht gegeben (2 von 100 Patienten machen keine Angabe).

Ein wesentliches Motiv für Sonderklasse-Patienten ist die Handhabung der Besuchszeiten. 69 % der Sonderklasse-Patienten registrierten keine Einschränkung der Besuchszeiten und weitere 19% konnten zwar nur zu bestimmten Zeiten besucht werden, die Besuchszeitenregelung war jedoch günstiger als auf der Allgemeinen Klasse.

Schließlich konnten sich die befragten Patienten auch noch über das Essen äußern. Auch hier schneiden Privatspitäler deutlich besser ab als öffentliche Krankenhäuser. Kein Wunder, mehr als die Hälfte der Patienten in den Privatspitälern konnte nach eigenen Angaben beim Essen eine Auswahl treffen.

Zum Abschluß konnten die Patienten auch noch eigene Verbesserungswünsche anmelden. Von dieser Möglichkeit machten die Patienten in öffentlichen Krankenhäusern weit häufiger Gebrauch als Patienten in Privatspitälern. Die Verbesserungswünsche konzentrierten sich auf die Zimmerausstattung und Zimmergröße, auf das Essen, die sanitären Einrichtungen, aber auch auf die ärztliche Behandlung und die Organisation im Spital.

Man wird diesen Meinungen und Wünschen Spital für Spital und Abteilung für Abteilung nachgehen müssen. Mit diesen beiden ersten Befragungen beginnt sich'ein Bild des zufriedenen Patienten abzuzeichnen: Er liegt im Privatspital, wird vom Primararzt behandelt oder hat zumindest den behandelnden Arzt schon vorher gekannt, er wird von diesem Arzt ausreichend über seine Krankheit informiert. Er liegt im Ein- oder Zweibettzimmer, hat Auswahlmöglichkeiten beim Essen und möglichst freie Besuchszeiten. Das Pflegepersonal ist freundlich und die Kosten werden direkt von seiner privaten Krankenversicherung mit dem Spital verrechnet.

Der Autor ist Direktor der Collegialität Versicherung auf Gegenseitigkeit.

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