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Das Budget der Familien

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In Österreich steigen Kleinverdiener besser aus. Familienerhaltern mit höheren Einkommen bleibt in der BRD mehr. Dazu ein Vergleich mit dem ÖVP-Steuerkonzept.

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In Österreich steigen Kleinverdiener besser aus. Familienerhaltern mit höheren Einkommen bleibt in der BRD mehr. Dazu ein Vergleich mit dem ÖVP-Steuerkonzept.

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Solche Gegenüberstellungen sind natürlich nicht problemlos: Die Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes, unterschiedliche Absetzbeträge und Lebenshaltungskosten erschweren den Vergleich. Trotzdem ist er aufschlußreich und macht die Besteuerungsdiskussion praxisnäher.

Die nebenstehenden Tabellen auf Seite 8 und 9 zeigen in Beispielen die gegenwärtige Besteuerung, eine Besteuerung nach ÖVP-Konzept und die Situation im Nachbarland Bundesrepublik Deutschland. Um die Diskussion um die Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes auszuklammern, wurden ausschließlich Jahresgehälter verglichen. Außerdem sind die Kinderbeihilfen in die verbleibenden Nettogehälter einbezogen. Individuelle Freibeträge wurden nicht berücksichtigt.

Das Fazit: Die Bezieher kleinerer Einkommen (Beispiel 1 mit 170.000 Schilling Jahresgehalt) steigen bei uns netto derzeit überwiegend etwas günstiger aus als in der Bundesrepublik Deutschland. (Erst Alleinverdienern mit vier Kindern bleibt bei uns weniger.) Das bedeutet allerdings nicht, daß auch die Konsumkraft höher ist, denn hierzulande wird jeder Kauf mit 20 Prozent, „Luxus“ wie Autos sogar mit 32 Prozent besteuert — in der Bundesrepublik Deutschland sind es hingegen 14 Prozent.

Wer allerdings als Familienerhalter mehr verdient, den bittet der österreichische Fiskus stärker zur Kassa als der deutsche. Ein Beispiel:

Bei einem Jahresgehalt von rund 425.000 Schilling (siehe Beispiel 2) bleiben einem österreichischen Alleinerhalter einer Familie mit vier Kindern — trotz der angeblich so familienfreundlichen geringen Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes — um 22.000 Schilling weniger netto im Haushaltsbörsl als dem deutschen. Dies, obwohl in der Bundesrepublik die j ährliehen Sozialversicherungsabgaben in dem Beispiel um zirka 14.000 Schilling höher sind als bei uns. Die Diskrepanz wird mit steigenden Bruttoeinkommen immer höher:

Bei einem Bruttoeinkommen von rund 596.000 Schilling (siehe Beispiel 3) beträgt der Unterschied zwischen dem Nettoeinkommen in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland bereits rund 44.000 Schilling jährlich (obwohl der deutsche Großfamilienerhalter um fast 20.000 Schilling höhere Sozialversicherungsbeiträge bezahlt). Bei einem hohen Jahreseinkommen von 851.000

Schilling (Beispiel 4) beläuft sich der Netto-Nachteil des Österreichers sogar auf rund 62.000 Schilling. Dazu kommt noch die höhere Mehrwertsteuerbelastung.

Für Familien mit weniger Kindern ist das Verhältnis weniger kraß: Die Mehrbelastung eines Alleinverdieners mit zwei Kindern gegenüber der Bundesrepublik Deutschland beträgt in Österreich bei mittleren und höheren Gehältern zwischen 11.000 und 48.000 Schilling, die Transferzahlung Kinderbeihilfe bereits eingerechnet. Dem Kleinverdiener (170.000 Schilling Jahresgehalt) bleibt ein knapper Tausender — pro Jahr — mehr übrig.

Ein großes Herz hat der österreichische Fiskus, vergleicht man ihn mit dem deutschen, für Unverheiratete. Ihnen beläßt er von kleinen Einkommen (170.000 Schilling Jahresgehalt) um rund 6.000 Schilling mehr, bei mittleren und höheren Einkommen zwischen 32.000 und 50.000 Schilling netto mehr.

Die ÖVP-Steuerexperten wollen den Tarif für alle Steuerzahler senken, Ausnahmen sollen allerdings gestrichen werden. Wie die Tabelle zeigt, würde dies in erster Linie die derzeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland bestehende außergewöhnliche Schonung der unverheirateten Gehaltsempfänger weiter ausbauen. Die Progressionskurve für Familien würde im Zug dieser Korrektur allerdings ebenfalls entschärft: Je nach Einkommenshöhe würde sich die Entlastung für Alleinverdiener mit bis zu 80.000 Schilling jährlich niederschlagen. Eine Maßnahme, die den Familien tatsächlich zusätzliche Kaufkraft brächte und auch den Vergleich mit der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu scheuen brauchte. Ob allerdings die außergewöhnliche weitere steuerliche Entlastung der Ledigen bevölkerungspolitisch richtig ist, ist eine andere Frage.

Jedenfalls wird man sich in Österreich beeilen müssen, wenn man die Tarife tatsächlich so korrigieren will, daß für Familien bei uns etwa deutsche Steuerverhältnisse herrschen. Die in der Bundesrepublik für 1988 fix eingeplante Steuersenkung wird die Steuern dort erneut um 12.500 bis 14.500 Schilling jährlich senken.

Nach dem ÖVP-Reformkon-zept soll es nur mehr drei Steuerstufen geben, nämlich 20,30 und 40 Prozent. Ein allgemeiner Steuerabsetzbetrag von 10.000 Schilling jährlich (derzeit 5.100 Schilling) und ein Alleinerhalter absetzbetrag von 4.000 Schilling jährlich (derzeit 3.900 jährlich) sowie weitere Absetzbeträge von

2.000 jährlich für Alleinverdiener sind vorgesehen.

Eine indexgebundene Anhe-bung der Bagatellgrenze für die Besteuerung von Einkommen, die regelmäßige Inflationsanpassung von Absetzbeträgen, ein Werbungskostenpauschale von 5.000 Schilling und 30.000 Schilling j ährlicher Steuerfreibetrag für Eigenvorsorge (Wohnen, Investivlohn, Unternehmensbeteiligung; für Alleinerhalter 60.000 Schilling) ergänzen den ÖVP-Vorschlag.

Der Autor ist Mitarbeiter der Pressestelle der Industriellenvereinigung.

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