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Das Dienen Vorleben
Ein Ansatzpunkt der notwendigen moralischen Erneuerung der Politik liegt darin, daß wir wieder deutlicher die geistigen Leitvorstellungen als prinzipielle Voraussetzung politischen Handelns bewußtmachen müssen. Auch uns selbst! Denn: Im öffentlichen Bewußtsein ereignet sich Politik nicht als Ringen um „ideologische“ Positionen, sondern als vordergründige Tagespolemik und als kurzatmiges Hetzen nach dem Show-Effekt.
Gerade deshalb ist es notwendig, gegen den Strom zu schwimmen: kräftezehrend und ohne dramatische „Fortschritte“. Und ich stimme mit Rainer Barzel, dem neuen deutschen Bundestagspräsidenten, überein, der von den Parlamentariern erwartet, daß „Alltagsarbeit und Sonntagsreden“ nicht zweierlei sind. Die
Identität von Reden und Handeln muß wieder gefunden werden.
• Wir Politiker sollten bescheidener werden. Und das meine ich nicht nur materiell. Wir müssen davon wegkommen, zu suggerieren, für die Politik sei alles machbar. Denn erwartet wird eine Politik, die sich als bescheidener Dienst am Nächsten begreift, eine „bürgernahe“ Politik.
• Unerläßlich ist ein Rückzug der Politik aus vielen Bereichen, in denen die Parteien jetzt ihren geschäftigen Einfluß ausüben. Mehr Bescheidenheit bedeutet z. B. den Rückzug der Politiker aus gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, wie ihn meine Partei praktiziert hat. Es geht auch darum, die Parteibuchwirtschaft zurückzudrängen: etwa bei der Wohnungsvergabe und bei Personalentscheidungen.
• Konkrete Politik muß einen Zwiespalt bewältigen: einerseits eine geistig-moralische Führungsrolle vorzugeben und deren Akzeptanz zu erreichen; andererseits das öffentliche Urteil zu den angebotenen Orientierungen zu akzeptieren. Denn Politik „bedeutet ein starkes, langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zu gleich“ (Max Weber).
• Gerade aus einem christ-demokratischen Verständnis muß die dienende Rolle der Politik gelebt werden: Im Mittelpunkt des politischen Handelns steht der selbständige Mensch, der nicht bevormundet und gegängelt wird.
• Politik muß sich davon loslösen, aus vordergründigem Opportunismus auf die Befriedigung von Gruppeninteressen zu schielen, die sich am lautesten zu artikulieren vermögen. Sie darf nicht das Wohl künftiger Generationen aus ihrem Handlungshorizont verlieren. Ich denke da an die Staatsverschuldung, die auch im Interesse derer abzubauen ist, deren Zukunft wir nicht verkaufen dürfen.
Alle Maßnahmen haben sich zwar an ethischen Kriterien zu orientieren, lassen sich jedoch nicht verordnen, sondern nur als vorbildliches Verhalten als Prinzip leben: dies entspricht unserem programmatischen Anspruch und meinem Verständnis von Politik.
Der Autor ist Kanzlerkandidat der OVP.
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