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Das Dollar-Karussell

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Angesichts der Fülle der jüngst bekanntgegebenen amerikanischen Wirtschaftsdaten stellt sich bei vielen (wie den in der Vergangenheit oft leidgeprüften Dollar- Anlegern) die Frage, wie es denn mit der Welt-Leitwährung wohl weitergehen wird:

• Das US-Handelsbilanzdefizit lag mit 9,49 Milliarden US-Dollar für Jänner 1989 etwas unter den Erwartungen;

• die Arbeitslosenrate war mit 5,1 Prozent sensationell niedrig;

• die Konsumentenpreise stiegen um 0,6 Prozent.

Die beiden letzten Ziffern (sie gelten ebenfalls für Jänner ‘89)

lassen zumindest kurzfristig auf eine dynamische Entwicklung der US-Wirtschaft schließen.

In wenigen Bereichen des Wirtschaftslebens herrschen so unterschiedliche Meinungen vor, beziehungsweise spielen psychologische Faktoren eine so große Rolle wie bei der Entwicklung des US- Dollars. Trotzdem existieren handfeste wirtschaftliche Interessen, welche auf den ersten Blick zwar nicht klar erkennbar sind, bei näherer Beleuchtung der Problematik aber an das Tageslicht treten.

Zu diesem Zweck scheint es sinnvoll zu sein, den Verlauf des

Dollars in den letzten Jahren zu analysieren:

Nach Beendigung der Hochzinsphase zu Beginn der achtziger Jahre und mit dem Beginn der „starken Politik“ Ronald Reagans wurde das Vertrauen in den Dollar ungemein gestärkt. Ein für den damaligen Zeitraum dynamisch erscheinendes Wirtschaftswachstum schien diesen Effekt noch zu verstärken. Nur wenige erkannten zu diesem Zeitpunkt, daß die vermeintliche Euphorie eine sehr einseitige war und nur von wenigen Sektoren getragen wurde. Großzügige staatliche Investitionsprogramme ermöglichten zum

Beispiel im Rüstungsbereich ungeahnte Höhenflüge. Die Kehrseite der Medaille zeigte sich in einem enormen Anstieg des US- Haushaltsdefizits, welches im vergangenen Jahr die astronomische Höhe von knapp 140 Milliarden US-Dollar erreicht hat. Der gegenüber den traditionellen Hartwährungen hohe Dollar verursachte einen erheblichen Anstieg der Importe, da es ausländischen Firmen nun möglich war, weit billiger in den USA anzubieten als heimische Unternehmen. In der Folge kam es zu einer Stagnation der Exporte sowie zu einer deutlichen Verlangsamung der amerikanischen Inlandskonjunktur.

Die Lösung dieses Problems konnte nur in einer Liberalisierung der Notenbankpolitik und damit verbundenen Zinsrückgängen liegen. Dies löste aber Gewinnmitnahmen im Rentenmarkt und durch die Währungsverkäufe besonders seitens institutioneller Anleger seit Februar 1985 auch massiven Druck auf den Dollar aus. Zusätzlich wurde dieses durchaus im Sinne der amerikanischen Wirtschaftspolitik gelegene Verhalten noch durch dementsprechende Pressemeldungen und regelmäßig stattfindende Wirtschaftsgipfel unterstützt.

Auf der anderen Seite dieses Karussells stand und steht natürlich der wachsende Finanzierungsbedarf des Staates, welcher in erheblichem Ausmaß durch die laufende Neuemission von Staatsanleihen (Treasury Bonds) gedeckt wird. Diese Anleihen werden in Form von Auktionen versteigert, wobei ausländische - und hier vor allem fernöstliche Investoren (Japan, Korea, Taiwan) — eine bedeutende Rolle spielen. Bei zu großem Druck auf den US-Dollar könnte daher das Anlegerinteresse versiegen und damit die Finanzierung der Budgetdefizite in Gefahr geraten.

Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daher für den Dollar im Spannungsfeld der gegensätzlichen Kräfte?

Die schwache US-Devise scheint derzeit eine Belebung der amerikanischen Konjunktur zu begünstigen. Da die straffe Notenbankpolitik und die damit verbundenen Zinsanstiege (FURCHE 10/1989) den Dollar für Anleger wieder interessant erscheinen lassen, dürfte das Ärgste bereits überstanden sein. Unter technischen Gesichtspunkten ist die US-Währung gegenüber dem Schilling aus ihrem Abwärtstrendkanal nach oben ausgebrochen und befindet sich, wenn auch unter teilweise recht heftigen Schwankungen, wieder auf steigenden Pfaden (FURCHE 11/ 1989).

Gefahr droht dem Dollar erst wieder bei einer massiven Abschwächung des amerikanischen Konjunkturverlaufs, was aber derzeit nicht befürchtet wird.

Der Autor ist Wertpapierexperte der Ersten Österreichischen Spar-Casse-Bank.

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