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Das doppelte Restaurant

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Von außen ist es eigentlich kaum als Restaurant erkennbar, und schon gar nicht als ein besonderes. Die Rede ist von „Tuv Taam" in 1020 Wien, Franz Hochedlinger-gasse 23, einem der beiden jüdischen Restaurants in Wien. In gewisser Weise ist „Tuv Taam" eigentlich ein doppeltes Restaurant.

Das ist durch die koschere Küche begründet. Diese verbietet es gläubigen Juden, Milch oder Milchprodukte gemeinsam mit Fleisch zu essen. Diese Vorschrift der Lebensmitteltrennung geht aber noch weiter, und deshalb gibt es in „Tuv Taam" alles zweimal: zwei Küchen (eine für Fleischgerichte und eine andere), zwei Speisesäle, zwei Speisekarten und zwei verschiedene Arten von Geschirr, weißes für Fleisch, geblümtes für fleischlos.

Damit nicht genug, muß das koschere Essen auch noch bestimmten Qualitäts- und Reinheitsvorschriften entsprechen. Die Milch etwa wird eigens auf diese Kriterien hin überprüft, in eigene, hebräisch beschriftete Packungen abgefüllt-und dann zum Preis von über 20 Schilling pro Liter von denen, die Wert auf koschere Milch legen, gekauft. Aber nicht nur die Milch sei teurer, erklärt Geschäftsführer Shalom Bernholtz, auch der Käse und andere Lebensmittel. Und vieles gäbe es in Österreich überhaupt nicht zu kaufen, das müsse dann eben importiert werden.

Dafür gibt es in „Tuv Taam", was soviel bedeutet wie „geschmackvoll", aber auch besondere Spezialitäten wie „Matzeknö-del" (Suppeneinlage aus einer speziellen Art von Brösel) oder Falafel (vegetarisch gefülltes Fladenbrot). Für weniger experimentierfreudige gibt es auch Gulasch oder Kalbsschnitzel (im Fleischrestaurant) beziehungsweise Pizzas und Nudelgerichte ohne Fleisch im vegetarischen Restaurant. Die Preise entsprechen dem Wiener Niveau. Daß die Nahrungsmittel dort nicht aus lebensmittelpolizeilichen sondern aus religiösen Gründen strenger kontrolliert werden, bedeutet allerdings nicht, daß im Restaurant eine besonders ernste Stimmung herrscht, ganz im Gegenteil.

„Hier geht es immer lustig zu", erklärt eine Besucherin, „und wer so wie ich hier Stammgast ist, bekommt auch schon mal einen Kaffee auf Kosten des Hauses." Bernholtz bestätigt, daß in „Tuv Taam" immer etwas los ist. „Dabei", so sagt er, „haben wir noch gar nicht richtig eröffnet, wir liefern unser Essen hauptsächlich aus, an Schulen, Fluglinien und so weiter."

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