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Das dreimal heilige Jerusalem

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Auf flachem Hügel, von drei Seiten geschützt durch tiefgekerbte Täler, Wachs, die längst schon die Wasser vergangener Regenzeiten vergessen haben, ruht die umkämpfteste und ge-priesenste aller Städte.

Rund 4000 Jahre ist es her, seit der Name Jerusalems erstmals genannt wurde, von den Ägyptern, den Vielschreibern der Geschichte:

.....Uruschala - deine Fürsten

Equam und S'sam und alle ihre Krieger und Schnelläufer ... alle, die Aufruhr sinnen und Empörung... zerschlagen sollen sie werden!“ Und dann brach man das Tongefäß, auf dessen gerundetem Leib diese Prophylaxe gegen einen möglichen Aufstand geschrieben stand, in Stücke, im Vertrauen, daß die geneigte Gottheit mit der Feindin ein Gleiches tun werde.

Wir wissen nichts von dem Volk, gegen das sich dieser Fluch des Pharao gerichtet hatte. Aber daß Jerusalem damals schon uralt war, ist gewiß. Als das Volk der Amoriter sich auf dem „Berg Moria“ niederließ, weihte es die Siedlung seinem Hauptgott Salem. Jeru-Salem, „Dem Salem gegründet“,

ist seit Anbeginn ein Hort der Gottheit gewesen.

Das ist die Stadt auch geblieben, mochten die irdischen Machthaber einander auch noch so oft ablösen. Die Hurriter kamen und gingen, die Hyk-sos, die indoarischen Hethiter... Und dazwischen war Jerusalem immer wieder und unwillig ägyptische Provinz.

„Nach Herrschaft und Geburt stammst du aus Kanaan; dein Vater war ein Amoriter, deine Mutter ein Hethiterin“, gibt der Prophet Ezechiel den Stammbaum der gebenedeiten Polis weiter.

Als David, der Harfenschläger, um 1000 v. Chr. die Stadt erobert, muß er sie den Jebusitern abgewinnen.

Es ist dies das bedeutendste Ereignis in der Geschichte des jüdischen Volkes. Denn nach ein paar tausend Jahren Halbnomadentum war für die „Kinder Israel“ der Zeitpunkt der Seßhaftwerdung gekommen.

David hatte mehr im Sinn, als sich nur eine Residenz, einen Mittelpunkt für sein Reich, zu schaffen. Vielmehr bestimmte er Jerusalem zum Sitz JAHVES, des einzigen und universellen himmlichen Vaters aller Menschen. Nach vierzig Jahren harter Wüstenwanderung bezieht der bis dato mobile Gott in Jerusalem seinen bleibenden Wohnsitz. Das aber erhebt die Stadt unermeßlich hoch über alle anderen Städte der Welt.

Nur die würdigste Stelle ist gerade gut genug, der- „Lade des Herrn“ als Ruheplatz zu dienen. Auf der Krone

des Hügels Moria breitet sich eine Felsplatte aus: die Tenne des Jebusi-ters Arauna. Dieser, der letzte Fürst der Besiegten, hatte dort das Getreide der Gemeinde gedroschen. Der Ort war heilig, so weit man zurückdenken konnte; denn war nicht geweihtes Brot die wichtigste Nahrung des Leibes, auf daß er eine würdige Herberge sei, für die unsterbliche Seele?

Dergleichen nimmt, dergleichen requiriert man nicht! David kauft dem Jebusiter den Sakralplatz ab. Arauna hat wohl ausgesorgt bis an sein Lebensende.

Es war David nicht vergönnt, dem HERRN den versprochenen Tempel zu bauen. Sein Sohn Salomo'nimmt das Werk in Angriff. Aber es bleibt Davids Großtat, Jerusalem zum Zentrum jüdischer Geisteswelt gemacht zu haben. Ja, so groß ist das Gefühl der Zugehörigkeit zu dieser Stadt GOTTES, daß das jüdische Volk alle tragischen Wechselfälle seiner Geschichte überdauern konnte. Sumerer, Ägypter, Perser, Griechen, Germanen - sie alle sind verschwunden, aufgesogen von Feind und Nachbarn. Die Juden sind das einzige Volk der Antike, das sich, mit Blick auf Jerusalem, in die Gegenwart gerettet hat. „Wie sollen wir in

fremdem Land das Lied des HERRN singen?

• Vergeß ich Dein, Jerusalem, soll meine Rechte was sie kann, vergessen!

Die Zunge soll erstarren mir am Gaumen,

Gedenk' ich Deiner nicht, Jerusalem,

Als höchste Höhe meiner Freuden ...“

Als Titus im Jahre 70 n. Chr. die Stadt zerstörte, verzehrten die Flammen auch den letzten, den prächtigsten Tempelbau, geschaffen vom großen Herodes. Geblieben ist ein Stück Umfassungswand des Sakralbezirks, die sogenannte „Klagemauer“. Geblieben ist auch die „Tenne des Arau-na“: über dem geweihten Fels erhebt sich heute die goldene Kuppel der Omar-Moschee, die zuzeiten christliche Basilika war. Denn auch für die beiden Tochterreligionen des Judentums, für Christentum und Islam, ist die Stadt eine heilige.

Geblieben aber ist vor allem ER, der EINE, EINZIGE: JAHVE. Denn „JAHVE“ heißt „Ich bin!“ „Ich bin, Ich war und Ich werde immer sein“!

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