7063690-1991_46_17.jpg
Digital In Arbeit

Das Europalia-Land Portugal

Werbung
Werbung
Werbung

Mit 20 Ausstellungen und vielen Veranstaltungen präsentiert sich diesmal Portugal bei der „Europalia" in Belgien. Alle zwei Jahre kann man mit den Belgiern ein Stück Europa kennenlernen. In den behaglich-wohlhabenden Städten zeigt ein armes Land von der Peripherie, welche beeindruckenden Werte es nach Europa bringt.

Eine der Ausstellungen ist dem Dichter Fernando Pessoa (1888-1935) gewidmet, einem Zeitgenossen von Proust, Kafka, Pirandello, Joyce, den die Frage nach der Identität besonders bewegte.

Portugiesische Kulturgeschichte seit der Zeit von Kelten und Römern wird in Brüssel, in Antwerpen und in Gent dargestellt. In den Zeugnissen der Kunst ist das ganze Abendland gegenwärtig, zuerst vermittelt von den Mönchs- und Ritterorden, die halfen, das Land von den Mauren zurückzuerobern. Manche Spuren der Mauren und anderer Mittelmeer-Kulturen wurden von der Inquisition ausgelöscht.

Das im 15. Jahrhundert aufblühende Portugal war ein Markt für Kunst aus Flandern, aus Deutschland, England, Frankreich, Italien. Viele Künstler kamen ins Land und beeinflußten die einheimischen Künstler. Schon vor 1500 waren die Portugiesen, kaum daß das Mutterland geeinigt und von den Mauren befreit war, unterwegs auf dem Seeweg nach Indien. Stützpunkte in Afrika wurden ausgebaut, in Persien kaufte man kostbare Textilien und edle Pferde, in Indien und China wurden Kolonien gegründet. Mit den Seefahrern und den Soldaten kamen die Missionare, die mit dem christlichen Glauben, den Geschichten und Symbolen die oinheimischen Künstler anregten.

Europareif in Kultur

In der Heimat aber wurden die Eindrücke der Seefahrer aus fernen Ländern aufgenommen. Die Fassaden der Schlösser und Kirchen sind überladen mit Ornamenten aus exotischen Pflanzen und Tieren, verflochten mit dicken Schiffstauen. Diese „manuelinische" Baukunst (zur Zeit König Manuels I. um 1500) ist „typisch portugiesisch", nur hier zu finden. Typisch für diese Kultur ist aber auch, daß sie aufnimmt, verschmelzt, auf Einflüsse von außen reagiert.

Über Portugal kamen nicht nur exotische Gewürze, Edelsteine, Edelmetalle, auch neue Perspektiven. Wer getauft war, war Portugiese. Nachdem die Reichtümer der Kolonie Brasilien und der lukrative Handel mit Portwein noch einmal die Verwirklichung maßloser Träume in der Barockzeit ermöglicht hatten, kam mit dem vernichtenden Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755 und mit der Aufklärung die Rationalität ins Land.

Der Marques de Pombai nutzte die Zerstörungen, um seinem König auf dem Reißbrett eine neue Hauptstadt zu entwerfen. Bis heute prägen rechtwinklige Straßen und Häuserblocks das Zentrum Lissabons. Die Universität Coimbra wandte sich entschlossen den modernen Naturwissenschaften zu. Geniale Instrumente werden konstruiert, um die Gesetze von Optik, Mechanik, Astronomie, Magnetismus und Elektrizität zu demonstrieren. Auf Hochglanz gebracht, werden sie jetzt in der Ausstellung „Genius ex machina" in Charleroi gezeigt.

Es bleibt der Eindruck von der großen Leistung eines kleinen, immer schon „europareifen" Landes, das abendländische Kultur in die Welt getragen und Fremdes assimiliert hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung