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Das Geheimnis des japanischen Erfolgs

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Die Industrie des Westens gerät unter wachsenden Druck der japanischen Konkurrenz. Die folgenden Ausführungen weisen auf eine der Ursachen für den japanischen Erfolg hin: Alle Mitarbeiter werden voll und ganz ernst genommen. Sie indentißzieren sich daher mit ihrer Arbeit, mit ihrem Unternehmen. Das Rezept funktioniert nicht nur in Japan, sondern auch bei amerikanischen Unternehmen, die von Japanern erworben wurden.

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Die Industrie des Westens gerät unter wachsenden Druck der japanischen Konkurrenz. Die folgenden Ausführungen weisen auf eine der Ursachen für den japanischen Erfolg hin: Alle Mitarbeiter werden voll und ganz ernst genommen. Sie indentißzieren sich daher mit ihrer Arbeit, mit ihrem Unternehmen. Das Rezept funktioniert nicht nur in Japan, sondern auch bei amerikanischen Unternehmen, die von Japanern erworben wurden.

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Das Geheimnis liegt im japanischen Managementstil. Auch wir können diesen Stil anwenden. Viele amerikanische Unternehmen haben - oft in anderer Form, aber auf derselben philosophischen Grundlage und unter amerikanischen Bedingungen - den japanischen Stil mit bemerkenswertem Erfolg übernommen.

Das Charakteristische an diesem Stil ist:

1. Qualität kommt an erster Stelle: Für den Japaner verkörpert Qualität eine soziale Verantwortung gegenüber dem Verbraucher. „Liefere die beste Qualität oder Dienstleistung, und das Geschäft wird florieren."

2. Moderne Technologie und Methoden.

3. Perfektes Zusammenspiel aller Abteilungen: Die linke Hand hilft der rechten und Machtstreben ist ein schlimmeres Verbrechen als Völkermord. Das Zusammenspiel zwischen den Abteilungen geht von links nach rechts, von oben nach unten und ist nicht nur auf Manager beschränkt, sondern umfaßt alle Mitarbeiter und Führungskräfte. Es gleicht einer Gemüsesuppe: Jeder schwimmt im selben Topf.

4. Die vollständige Einbeziehung der Arbeiter in die Arbeit und das Unternehmen: „Die Mitarbeiter sollen mir sagen, wie man die Qualität verbessert; sie sollen mir sagen, wie man mehr produziert", sagt ein japanischer Generaldirektor.

Daher übernimmt der japanische Manager nicht allein das Denken für das gesamte Unternehmen. Er erwartet von seinen Mitarbeitern Antworten auf die Probleme, denen sie begegnen. Er tritt als Förderer von Ideen auf. Er betrachtet sich selbst als Anstifter innovativen Denkens unter allen Führungskräften, Managern, Aufsehern und Mitarbeitern.

Führungskräfte sind keine kleinen Halbgötter, sondern es ist ihre Aufgabe, technischen Sachverstand zu liefern, mit Aufsehern und Mitarbeitern zusammenzuarbeiten, übergreifend tätig zu werden und mit anderen Führungskräften, die von Veränderungen in einer anderen Abteilung betroffen sind, zusammenzuwirken.

In Japan ist das Wohlergehen des Mitarbeiters untrennbar mit dem japanischen Geschäftsleben und der sozialen Kultur verknüpft. Es findet seinen Ausdruck in lebenslanger Beschäftigung, Unterbringung, Erholungseinrichtungen; usw. Ohne Zweifel trägt eine solche, auf totaler Sicherheit beruhende väterliche Fürsorge dazu bei, daß die Mitarbeiter unbestritten glauben, daß alles mit dem Unternehmen anfängt und endet.

Das erklärt zum Teil den Enthusiasmus und die Produktivität der japanischen Arbeiter. Niemand leugnet, daß diese Fürsorge die Loyalität zum Unternehmen fördert und als ein Vorteil für den wirtschaftlichen Erfolg Japans angesehen werden muß.

Aber diese Philosophie ist nicht rein wirtschaftlich begründet. Das Gefühl für das Wohlergehen des Mitarbeiters ist aufrichtig und wesentlicher Bestandteil des japanischen Lebens.

Doch auch japanische Manager räumen ein, daß das Konzept der lebenslangen Beschäftigung nicht nur Vorteile bringt. Während es zur Stabilität von Beschäftigung und Einkommen beiträgt, führt es auch leicht zur Unbe-weglichkeit des Arbeiters und einem Mangel an Anreiz, etwas für die eigene Entwicklung zu tun.

Irgendjemand hat einmal zutreffend gesagt: „Die japanischen Manager kümmern sich um die Arbeitnehmer, während sich die amerikanischen Manager um das Produkt kümmern." In einer Ausgabe des Bundesproduktivitätsberichts aus dem Jahre 1973 wird die Managementsphilosophie des Großkonzerns Sony behandelt und Shi-gero Kobayashi zitiert, der folgendes sagte:

„Warum neigt ein Vorgesetzter dazu, verächtlich auf seine Untergebenen hcrabzublickcn? Weil er denkt, es sei seine Pflicht, seine Untergebenen zur Arbeit zu gebrauchen? In einem solchen Fall werden die Untergebenen als Werkzeuge des Vorgesetzten betrachtet. Die Untergebenen, die auf eine so unmenschliche Weise behandelt werden, drücken ihren Widerstand durch man hat das Gefühl, eine gute A rbeit geleistet zu haben, wenn man abends nach Hause geht."

ein Verhalten aus, das von niedriger Moral geprägt ist.

Mit anderen Worten, der Vorgesetzte glaubt leicht, er sei in der höheren Position, weil seine gute Ausbildung, seine Intelligenz und seine Persönlichkeit ihn gegenüber seinen Untergebenen besonders auszeichne. Sein autoritatives Machtbewußtsein läßt ihn auf seine Leute herabblicken.

Er sollte seine Leute nicht als Arbeitswerkzeuge benutzen, sondern an den Menschen in ihnen glauben und zu einem Managementstil wechseln, der auf der Achtung vor dem Menschen beruht. Er sollte sein engstirniges und niederträchtiges Bewußtsein von Überlegenheit und Macht vollständig über Bord werfen".

Wir sehen hier einen sehr persönlichen Motivationsansatz, der tief verwurzelt ist im Glauben an die Würde des Menschen, im Respekt und in der Aufrichtigkeit vor den Mitarbeitern. Teamgeist wird gefordert und betont, die Einbeziehung der Mitarbeiter in die Qualitätskontrolle und Zusammenkünfte werden unterstützt, die öffentliche und private Anerkennung wird auf verdiente Mitarbeiter ausgedehnt.

Was sagen amerikanische Manager und Arbeiter, die unter dem japanischen Managementstil arbeiten? „Wir haben nun die Freiheit, Methoden und Techniken zu entwickeln, die früher stets von Vorgesetzten für nichtig erklärt wurden. Wir sind an den Handlungen des Unternehmens auf jeder Stufe beteiligt und nicht nur in unserer eigenen Abteilung. Es ist erstaunlich, was erreicht werden kann, wenn alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten", sagt ein Manager.

Ein Mitarbeiter hat folgendes zu sagen: „Sie behandeln einen mit Respekt und hören einem zu. Wir haben ein wirklich freundschaftliches Verhältnis zu den Managern und der Unternehmensleitung entwickelt, die uns nicht länger als Idioten betrachten. Wir erhalten jede nur erdenkliche Gelegenheit, unser Können zu zeigen, und wir zeigen es ihnen. Allen Beschwerden wird sofort nachgegangen. Jedermann ist hilfsbereit; man hat das Gefühl, eine gute Arbeit geleistet zu haben, wenn man abends nach Hause geht." Dies also ist das .japanische Geheimnis". Leicht zu erklären, leicht zu verstehen, aber schwierig in der Durchführung.

Auszug aus „Der japanische Managementstil" -Bundesproduktivitätsbericht, von W. F. Schlucher herausgegeben und dem MTM-Journal, Band VI, Nr. 2, Seite 2-4 entnommen.

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