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DAS IST EINFACH ENTWÜRDIGEND

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(cg)-Die Kleinen Schwestern Jesu in Regelsbrunn - derzeit sind sie zu sie-bent - betreiben eine kleine Landwirtschaft, acht Hektar, mehr als ein Dutzend Stück Rinder im Stall, mehrere Bienenstöcke. Alles wird liebevoll gepflegt. Fragt sich, wie lange sie es noch durchhalten. Denn was sie verkaufen, wird immer billiger, aber alles, was sie kaufen müssen, verteuert sich. „Bisher haben wir die Differenz durch Mehrarbeit gestopft. Aber einmal wird das nicht mehr gehen." Man wundert sich überhaupt, wie sie zurechtkomme. Ihre Landwirtschaft wirft monatlich 6.000 Schilling ab.

Dafür gibt es immer mehr Vorschriften. „Mit Weizen oder Gerste darf beispielsweise nurein bestimmter Teil der Fläche bebaut werden." Nur eine bestimmte festgesetzte Menge können sie zu einem halbwegs günstigen Preis verkaufen. Was darüber hinausgeht, gilt als spottbilliges Futtermittel. Druck auch bei den Qualitätsanforderungen. Etwa für die Milch: Zunächst ging es um Sauberkeit, dann kamen Anforderungen bezüglich Fett, Eiweiß und Zellzahl dazu.

Diese Werte erfordern eine moderne maschinelle Ausstattung. Wer mit der Hand melkt, kann die Norm nicht erreichen. „Wir haben den Eindruck, daß die Werte bei Fett und Eiweiß so hoch sind, daß es fast nicht erreichbar ist. Und so sinken unsere Preise."

Ähnliches bei den Rüben: Bisher wurde nach dem Gewicht bezahlt. Jetzt geht es nach Zuckergehalt. Auch hier gibt es Werte, die schwierig zu erreichen sind.

„Wir fühlen uns einfach nicht emstgenommen. Alles, was wir an Leistungen einkaufen (Waren, aber auch Dienstleistungen, etwa Reparaturen), wird immer teurer. Und unsere Leistungen, unsere Produkte sind nichts wert. Wäre es nicht traurig, so wäre es zum Lachen. Im vorigen Jahr war praktisch schon die Hälfte der Ernte geliefert, aber der Getreidepreis noch nicht fix.

Alsdas Ernteergebnisabsehbar war, wurde der Preis festgesetzt (niedriger als im Jahr davor) - und in derselben Woche ist das Brot um einen Schilling teurer geworden. Das ist demütigend. Jetzt ist die Milch um 95 Groschen teurer. Davon bekommt der Bauer fünf Groschen mehr. Und das wird als große Errungenschaft für die Bauern gefeiert."

Probleme gibt es auch in der Beziehung zum Lagerhaus. Vor 27 Jahren, als die Kleinen Schwester mit der Landwirtschaft angefangen haben, war das Verhältnis gut: „Man hat gespürt, die halten zu uns. Das ist vorbei. Jetzt arbeiten wir mit einem Kleinbauern, der auf Handel umgestellt hat. Er berät uns, denkt mit uns mit. Im Lagerhaus gibt es so etwas nicht. Bei der Abrechnung gab es immer wieder Irrtümer- zu unseren Ungunsten. Aber von selbst sind sie nie draufge-kommen. Und: Glaubst', sie würden sich entschuldigen? Nix."

Niemand versteht auch, daß es jetzt Förderungen für Brache gibt. Für Nichtstun Geld zu bekommen, „das ist doch entwürdigend", stellen die Kleinen Schwestern fest.

Enorm bedenklich sei auch die Standardisierung, die der Landwirtschaft verordnet wird. Überall sollen dieselben Sorten angebaut, möglichst homogene Produkte hergestellt werden. Daher müssen auch alle dasselbe Saatgut kaufen. Wer nicht gewisse Sorten anbaut, „der kann mit seiner Ernte die Hend'l füttern."

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