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„Das ist gar keine Frage“

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FURCHE: Herr Landeshauptmannstellvertreter, wann ist der nächste Landesparteitag der steiri-schen SPÖ? Werden Sie noch einmal als Vorsitzender kandidieren?

SEBASTIAN: Ursprünglich hatten wir vor, unseren Landesparteitag Ende November zu machen. Nun wird aber der Bundesparteitag auf Mitte November vorverlegt. Wir werden uns vermutlich in der letzten Juni-Woche beraten, ob wir den Landesparteitag jetzt auf Oktober vorverlegen oder ob wir ihn im Frühjahr abhalten. Ob ich noch einmal kandidieren werde, ist eine Frage, die die Parteivertretung zu entscheiden hat, und ich möchte diesem Gremium in keiner Weise vorgreifen.

FURCHE: Als Politiker sind Sie natürlich vom Erfolg abhängig. Am 6. Mai hatten Sie wieder Erfolg in der Steiermark. Kann das als Zeichen gewertet werden, daß Sie selbst wieder verstärkt Interesse haben, zu bleiben und daß dies auch der Wunsch der Parteivertretung ist?

SEBASTIAN: Wir hatten nicht nur am 6. Mai Erfolg, wir haben unter den denkbar ungünstigsten Bedingungen bei der Landtagswahl einen Erfolg erzielt. Damals haben wir auf jeden Fall geglaubt, daß wir Stimmen und Mandate verlieren. Wir haben jetzt bei der Nationalratswahl als Steirer wesentlich dazu beigetragen, daß der Wahlerfolg in diesem Ausmaß erzielt werden konnte. Meine

Überlegungen kennt man, aber ich werde, wie ich das immer getan habe, das Parteigremium, das über die Kandidatur des Landesparteivorsit-zenden zu befinden hat, in keiner Weise mit Äußerungen präjudizieren.

FURCHE: Die Steiermark ist bekannt dafür, daß zehntausende Wähler, die bei der Landtagswahl der ÖVP ihre Stimme gegeben, bei der Nationalratswahl auf der Seite der Sozialisten stehen. Woran liegt das, außer an der Person Bruno Kreiskys?

SEBASTIAN: Unbestritten ist, daß dieser Wahlerfolg auch in der Steiermark auf den weltweit anerkannten Staatsmann und Bundeskanzler Kreisky und auf die Leistung der sozialistischen Bundesregierung zurückzuführen ist. Anderseits ist es so, daß es mit Ausnahme vom Burgenland seit 1945 in keinem Bundesland möglich war, eine politische Änderung herbeizuführen. Ganz einfach deswegen, weil mit Ausnahme von Vorarlberg und Wien alle Länder Proporz-Verfassungen haben.

Es gibt ja keine Opposition, man regiert mit, und wenn man als Minderheit Änderungsvorschläge einbringt ... und sie werden dann von der Mehrheit beschlossen, so kommt das letztlich der Mehrheitspartei zugute. Ich denke hier an die Wirt-schafts- und Industrieförderungsgesetze, an das Kindergartengesetz und eine Reihe von Initiativen, die wir gesetzt haben und dann von der Mehrheit auf ihre Fahnen geschrieben wurden.

FURCHE: In Niederösterreich ist die SPÖ bei den Landtagswahlen recht knapp an die ÖVP herangekommen. Kann die SPÖ in der Steiermark in ähnlicher Weise aufholen und einmal vielleicht den Sessel des Landeshauptmannes besetzen?

SEBASTIAN: Ich schüeße nicht aus, daß mit dem Strukturwandel, der sich vollzieht, auch in der Steiermark einmal eine sozialistische Mehrheit sein kann. Das ist gar keine Frage. Und jeder von uns hat auf dieses Ziel hinzuarbeiten.

Schauen Sie, die ÖVP hat ja bewußt die Wahl um ein Jahr vorverlegt, weü sie auf Grund demoskopischer Umfragen wußte, daß sie gut liegt. Die Niederösterreicher haben jetzt schon im Sog der Nationalratswahl gewählt. Ich bin davon überzeugt, wenn wir jetzt gewählt hätten, dann wäre in der Steiermark im Sog der Nationalratswahl das Landtagswahlergebnis auch ein anderes gewesen.

FURCHE: Die Steiermark gehört zu jenen Bundesländern, die einen sehr hohen Bedarf an zusätzlichen Arbeitsplätzen haben. Jetzt bekommt mit General Motors wieder Wien ein großes Werk. Hat die Steiermark ähnliche Projekte in Aussicht?

SEBASTIAN: Zuerst muß ich sagen, daß wir schon in den 60er Jahren ein Raumordnungsgesetz gefordert haben, das die Voraussetzung dafür bildet, daß man gewisse Regionen bestimmte Aufgaben zuteilt. Dann habe ich immer wieder darauf hingewiesen, daß sich die Förderung nicht nur auf die Ansiedlung neuer Betriebe beschränken darf; und daß man vor allen Dingen das historische Industriegebiet - die Mutz- und Miuv furche - fördern muß.

Ich erinnere, daß wir 1968 Gutächten gehabt haben, in denen es geheißen hat, daß wir in der Mürz- und Murfurche 14.000 Leute zuviel in der Industrie beschäftigt haben. Damals hat die Regierung Klaus gesagt, man soll die Betriebe gesundschrumpfen lassen. Ich habe immer gesagt: Auf wessen Kosten? Doch auf Kosten der Arbeiter!

Als wir dann 1970 an die Regierung kamen, haben wir gegen die ÖVP die große Stahlfusion zwischen VÖEST und Alpine durchgeführt. Niemand hat damals gewußt, daß es eine weltweite Stahlkrise geben wird. Wir haben mittlerweile acht Milliarden Schilling in die steirischen Betriebe der Verstaatlichten investiert, wir haben sie rationalisiert, modernisiert, konkurrenzfähig gemacht und konnten in der Stahlkrise - natürlich mit großen Problemen - doch die Leute halten.

FURCHE: Werden Sie für neue Arbeitsplätze bei der Bundesregierung vorstellig werden?

SEBASTIAN: Ob ich bei der Bundesregierung vorstellig werde? Wir werden immer wieder vorstellig. Wir haben ja mit Niederl gemeinsam bei der Bundesregierung deponiert, daß wir bereit wären, für die BMW-Moto-ren-Pröduktion 500 Millionen Schilling zu geben. Aber das sind Entscheidungen, die nicht auf der politischen Ebene gefällt werden. Es entscheidet der Partner mit, in diesem Fall also BMW. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen hat man sich natürlich für Steyr entschieden.

Und jetzt ist es mit General Motors ganz das gleiche. Ein Areal, wie den alten Flugplatz von Aspern, hätten wir gar nicht zur Verfügung stellen können. Aber die Bundesregierung unterstützt uns, das beweist sie hundertfach: In der Region Aichfeld-Murboden, in der Kooperation Mercedes-Puch, dann das Kraftwerk III bei Voitsberg und die Wolframhütte. Das sind alles Projekte, die nur mit Hilfe der Bundesregierung realisiert werden konnten. Wir werden auch fernerhin große Dinge nur mit der Bundesregierung machen können.

FURCHE: Der Finanzminister sagt, bis 1985 müßte Österreich 200.000 bis 220.000 zusätzliche Arbeitsplätze haben. Wird es einen Teil davon in der Steiermark geben oder muß man verstärkt Wochenpendler aus der Steiermark mit dem Zug nach Wien bringen?

SEBASTIAN: Ich habe schon im Herbst gesagt, das kann doch keine Lösung sein, die Leute nach Wien zu führen und zu schauen, ob sie dort eine Arbeit finden. Wenn der Bürgermeister von Wien das Geld hat, um Areale anzukaufen und sie den Firmen zur Verfügung zu stellen, dann muß halt die Steiermark das gleiche tun. Wir können ja nicht zuschauen, wie unsere jungen Leute nach Wien abwandern. Daher immer wieder unsere Forderung, daß auch wir in den Gemeinden und vom Land her Grundstücke zur Verfügung stellen.

FURCHE: Welche Hauptanliegen hat die SPÖ für die nächsten Jahre?

SEBASTIAN: Es geht um den forcierten Ausbau der Straßen: Um das Murtal, den Rest des Mürztales, wo ja bereits viel geschehen ist, den Ausbau der Südautobahn, es sind auch hier schon Milliarden investiert worden, und um den Weiterbau der Pyhrnautobahn. Vorrang vor allen Dingen hat die Schaffung und Erhaltung der Arbeitsplätze, wobei es gar Jucht in jedem Fall darum geht, irgendeinen Betrieb herzukriegen, von dem wir nicht wissen wie er sich entwickelt. Man muß auch dem heimischen Gewerbe, dem Kleingewerbe, das gute Arbeit leistet, Mittel zur Verfügung stellen, damit wir uns auch diese Arbeitsplätze erhalten. (Das Gespräch mit Landeshauptmannstellvertreter Adalbert Sebastianführte Alfred Grinschgl.)

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