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Das Jahr des Lorenzo

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Trompetenstöße aus silbernen Instrumenten und Fahnenträger in malerischen Renaissancekostümen - neben dem wehenden Banner der Stadt Florenz - eröffneten kürzlich im berühmten „Salone dei Cinquecento" des Pa-lazzo Vecchio die sogenannten „Lo-renziaden". Im April 1492 starb Lorenzo de Medici, genannt „il Magnifico" und Florenz feiert ihn ein Jahr hindurch mit reichhaltigem Programm.

Versierter Staatsmann und Parteiführer, mächtiger Bankier, vorurteilsloser Politiker, passionierter Dichter und Förderer der Künste - dies alles war Lorenzo de Medici, der eine Zeit lang das Zünglein an der Waage in der wechselvollen Geschichte der italienischen Stadtrepubliken war. Drei interessante Ausstellungen machen den Beginn des „laurenzianischen Jahres": Die vielleicht wichtigste: „Die floren-tinische Zeichnung zur Zeit von Lorenzo il Magnifico" in den Uffizien.

Für diese Schau wurden sechs neue Säle eröffnet, die früher zum Staatsarchiv gehört hatten. Sie bilden den ersten Teil der Neuen Uffizien. 180 Zeichnungen der florentinischen Renaissance, aus den größten internationalen Sammlungen kommend, sind hier zu sehen, darunter Werke des Fi-lippo Lippi, des Domenico Venezia-no, des Benozzo Gozzoli, weiters eine kniende Figur, ein Profil und medizinische Studien des Michelangelo; ein Madonnenhaupt von Perugino; der Kopf eines Alten von Ghirlandaio und anatomische Studien von Antonio Pallaiolo. Zwei Sektionen der Schau sind Botticelli gewidmet, wo man unter anderem erstmals die restaurierten Studien zur Anbetung der Heiligen Drei Könige sehen kann. (Bis 30. Juli) Besonders attraktiv ist auch die Ausstellung „Le temps revient" (Die Zeit kommt wieder) im Palazzo Medici Riccardi, den Lorenzo bewohnte und deren Titel das Motto eines von Lorenzo organisierten Wettspieles war. Sie zeigt vor allem Bilder, Truhen, Waffen und rekonstruierte Modelle von Festen. In prachtvolle Miniaturen einer Handschrift der Äneis aus dem 15. Jahrhundert kann man den medi-ceischen Mythos bewundern: der Palast des Priamus ist hier als der der Medici abgebildet und Priamus ist ein Medici. (Bis Ende August)

Mediceischer Mythos

Eine dritte Ausstellung im Spedale degl'Innocenti zeigt die Architektur zur Zeit des „Magnifico". Hier sieht man, wie durch den Willen Lorenzos neue Renaissancepaläste für das flo-rentinische Patriziat entstanden, und kann die urbanistische Entwicklung des nordöstlichen Teiles von Florenz verfolgen sowie dessen Einfluß auf Pisa und Neapel. (Bis Anfang Juli)

„Gleich nach seinem Tode wurde Lorenzo de Medici zum Mythos", erklärt Vittorio Franchetti Pardo, Professor für Geschichte der Architektur, „im positiven Sinn spricht man von ihm als ,dem Herrlichen'. Aber zuweilen wurde er auch scharf kritisiert und als Verderber der politischen Sitten dargestellt", führt Franchetti Pardo weiter aus. Lorenzo sei eine Medaille mit zwei Seiten - aber sowohl seine Bewunderer als auch seine Kritiker hätten bereits im 16. Jahrhundert zugegeben, daß er die Kultur und die Gesellschaft von Florenz, ja von ganz Italien verändert habe.

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