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Das Konzil beginnt Früchte zu tragen

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Etwa 500 Teilnehmer waren gekommen, aus den Oststaaten - soweit ihnen die Ausreise gestattet wurde - aus dem benachbarten Ausland und natürlich aus allen Diözesen Österreichs.

Das Thema „Pfarrseelsorge“ hat „gezogen“, und auch die große Tradition der „Weihnachtsseelsorgertagung“, die einst Prälat Rudolf, heuer wäre er 90 Jahre alt geworden, gegründet hat, hat sicher dazu beigetragen: Was ihn einst bewogen hatte, diese Tagung zu begründen, die Unruhe der Zeit, die unbeantworteten Fragen der Seelsorge, das ist auch heute, und heute mehr als zuvor, der Beweggrund für die vielen, die kommen. Sie erwarten sich keine fertigen Antworten, keine Rezepte, ja, vielleicht nicht einmal praktikable Lösungen; sie erwarten sich Ausblicke, Hoffnungen, Ansatzpunkte und nicht zuletzt eine Atmosphäre, die nur dort zustande kommt, wo Menschėn sich in ihren Fragen und Problemen nicht auf sich selbst und allein gestellt wissen, wo sie, ohne das immer betonen zu müssen, sich im Dienst eines Größeren wissen. Begnadet hat man das einmal genannt, als man noch einfache Worte für einfache Wirklichkeiten hatte.

Um es gleich vorwegzunehmen: dieses Fluidum hat man gespürt! Seelsorger und Laien (die Pastoraltagung ist längst keine „Seelsorgertagung“ mehr, seit die Laien zusammen mit den Priestern die Verantwortung für die Seelsorge übernommen haben) haben sachlich und optimistisch miteinander diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. Kaum jemand hat gejammert wegen der Überforderung oder wegen enttäuschter nachkonzi- liarer Hoffnungen oder gar wegen unruhestiftender Theologen! (Vielleicht sinddie „jammemdemSeelsorger und Laien)) Zu Hause geblieben?) mit1

In den leider zu kurz geratenen Pausen drängten sich die Teilnehmer um die Büchertische, um im unübersichtlich gewordenen Angebot die wichtigsten Werke zu sehen und auswählen zu können. In den dicht gedrängten Gängen und in der Cafėstube diskutierte man eifrig miteinander, problembewußt, aber doch wie Menschen, die sich „ihrer Sache“ sicher sind. Es war ein gutes „Publikum“, bunt gemischt, Männer und Frauen, Bischöfe, Priester, Ordensfrauen und Laien, alle lernbereit und selber bereit, Erfahrungen weiterzugeben. Vielleicht waren, gemessen an ihrer pastoralen

Verantwortung, die Pastoralassisten- ten und die Laien noch zuwenig vertreten? Vielleicht sind die neuen Träger der Pastoral zuwenig unter den Teilnehmern in Erscheinung getreten?

Die Fachleute, die ihr Wissen und die Frucht ihrer Arbeit zur Verfügung gestellt haben, wurden eifrig gehört. Allen voran Prof. Karl Rahner, der im Einleitungsreferat „Zur Theologie und Spiritualität der Pfarrseelsorge“ gesprochen hat. Er schenkte uns reichlich aus seinem großen Wissen und sprach einfach und leicht verständlich vom Vorrang der Seelsorge, von der Einsamkeit des Glaubens und von der Notwendigkeit, den Glauben gemeinschaftlich zu bezeugen und zu leben.

Die Fachleute der praktischen Seelsorge berichteten von ihren Versuchen, die Trägerschaft der Seelsorge zu erweitern, die mangelnde Kommunikation zu verbessern, die Ansatzpunkte moderner Seelsorge zu erkennen und weiterzuentwickeln und auch von dem Bemühen, aus dem Priestermangel jene Konsequenzen zu ziehen, die im Sinne der Mitverantwortung der aktiven Christen und der neuen pastoralen Dienste zu ziehen sind.

Insgesamt scheint es, daß die Erneuerung der Kirche mehr als bisher „von unten“ erfolgen wird, nicht immer so, wie erwartet, nicht „gemacht“, sondern geschenkt, aber wieder sehr eigenartig geschenkt in Mühen, in „Umdenken“ (Bekehrung) und in einer neuen Heiterkeit des Herzens.

Nuh aber einige Konsequenzen, die geduldig verfolgt werden müssen:

• Die „monarchische Pfarre“ ist vorbei. Der Priester und seine Mitarbeiter sind Mitarbeiter des lebendigen Herrn und tragen gemeinsam an der Aufgabe heutiger Pastoralseeisorge mit den Mitarbeitern, Mitarbeiterbildung hat Vorrang!

• In jeder Pfarre sind Gruppen notwendig (Basiserweiterung): zum Gebet, zur Schriftenanwendung, zum Gespräch und zum Tun.

• Seelsorge muß sich an alle Schichten wenden, und es müssen in den Gremien alle Schichten möglichst proportional vertreten sein.

• Der Pfarre im sozialen Umbruch ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken (Landpfarre, neue Siedlungsgebiete).

• Die Pfarrseelsorge muß durch ein „Pastoralnetz“ (Regional- und Spezialseelsorge) ergänzt und abgesichert werden.

Aber nicht nur Erkenntnisse, die Forderungen enthalten, wurden deutlich, auch Hoffnungen, die Mut machen und Trost geben, wurden lebendig: Die Pastoral wird wieder gelassener, die Mitarbeiter werden mehr und in ihrer Art vielschichtiger. Das Konzil beginnt, Früchte zu tragen, man kann sie schon erkennen, freilich noch nicht genießen, dazu braucht es noch Zeit und natürlich noch viel Arbeit.

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