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Das letzte Veto des Kaisers

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Papst Leo XIII. war am 20. Juli 1903 gestorben, 93 Jahre alt, nach 25 Regierungsjahren als „Gefangener im Vatikan”, als Papst an der Schwelle einer neuen Zeit, die er mit der ersten Sozialenzyklika „Rerum novarum” andeutete.

Elf Tage später trat das Kardinalskollegium zum Konklave zusammen. Eindeutiger Favorit war der Kardinal-Staatssekretär Maria-no Rampolla del Tindaro, dem die nötige Mehrheit sicher schien.

Da aber stand Kardinal Fürst Puzyna von Krakau auf und deponierte das Veto des österreichischen Kaisers, die „Esclusio”, die gewohnheitsrechtlich den großen katholischen Mächten zustand, um nicht von vorneherein Gegnerschaften zu etablieren. Denn Rampolla galt zu sehr als franzosenfreundlich. Außerdem warf ihm Puzyna vor, die Interessen der Polen jenen der Preußen zu opfern.

Am 4. August 1903 - vor 90 Jahren - wurde Giuseppe Sarto, Patriarch von Venedig, zum Papst gewählt. Er nahm den Namen Pius X. an und zeigte damit seine Absicht, wie die Träger dieses Namens im 19. Jahrhundert gegen die Irrtümer der Zeit anzukämpfen. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Abschaffung des Vetorechtes auswärtiger Mächte bei der Papstwahl.

Auf den „politischen” Papst Leo folgte mit Pius X. ein „religiöser”, der durch seine erklärte Ablehnung einer Trennung von Kirche und Staat die Spannungen mit den laizistischen Regierungen in Frankreich, Spanien, Italien noch verstärkte.

Der von allen Geistlichen abverlangte ,Anti-Modernisteneid” hat Pius X. zum Vorbild heutiger Fundamentalisten in der Kirche werden lassen.

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