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Das Rätsel des Heidentores

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Wird das sogenannte Heidentor, der einzige erhalten gebliebene römische Hochbau in Österreich, das Wahrzeichen der ehemaligen Hauptstadt der Provinz Oberpan-nonien, endlich sein Geheimnis preisgeben?

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Wird das sogenannte Heidentor, der einzige erhalten gebliebene römische Hochbau in Österreich, das Wahrzeichen der ehemaligen Hauptstadt der Provinz Oberpan-nonien, endlich sein Geheimnis preisgeben?

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Auch wenn entsprechend dem Konzept von Werner Jobst, dem Projektleiter des Archäologischen Parks Carnuntum, der denkmalpflegeri-schen Erneuerung und museologischen Präsentation des zehn Hektar großen Ruinenfeldes der Vorrang gegeben wird: beim Heidentor soll noch heuer ebenso gegraben werden wie beim Amphitheater I mit seinem 6.000 bis 8.000 Personen fassenden Zuschauerraum.

Das inmitten flacher Felder einsam aufragende Heidentor unweit der Brucker Straße gibt nämlich den Wissenschaftlern Rätsel auf. Nicht nur hinsichtlich seines Aussehens, sondern auch hinsichtlich seiner Funktion.

So wie sich uns das Denkmal präsentiert, war es jedenfalls nicht geschaffen worden. Was heute steht, sind zwei Pfeiler. Und längst weiß man, daß das Bauwerk einst vier Pfeiler besaß. Die fehlenden Pfeiler samt Dach sind aber nicht Wind und Wetter zum Opfer gefallen. Schon vor Jahrhunderten haben sie Bewohner von Petronell und Deutsch-Altenburg mittels Spitzhacke, Pulver und Sprengstoff niedergebrochen, um Baumaterial für ihre Häuser zu gewinnen.

Fest steht, daß das Heidentor kaum ein Torbau im eigentlichen Sinn des Wortes gewesen ist - die Rundbasis in seiner Mitte hätte den Verkehr zu sehr behindert. Vielleicht war dieses

Vierertor (griechisch: Tetrapylon) ein Triumphbogen, wie ihn die Römer Göttern und Kaisern zu Ehren errichtet hatten. Träfe diese Deutung zu, dann hätte die Rundbasis im Innern eine Statue getragen.

Erbaut worden sein dürfte das bereits im 19. Jahrhundert einsturzgefährdete und deshalb gemäß dem damaligen Wissensstand entsprechend sanierte Tor während der 308 unter dem Vorsitz von Diokletian in Carnuntum tagenden Kaiserkonferenz. Im Jahr 1907 mußte man es wieder stützen, indem man es mit Zementmörtel verputzte und mit einer neuen Ummantelung aus Steinquadern versah.

Außerdem führte man Versuchsgrabungen durch, wobei sowohl ein

einst als Füllmaterial des Mauerkerns verwendeter Silvanusaltar (Silvanus: Gott des Waldes, der Bergweide und des ländlichen Anwesens) aus dem ersten Jahrhundert als auch ein früher im Südpfeiler eingemauerter Altar der Göttin Diana aus dem zweiten Jahrzehnt des dritten Jahrhunderts zutage kamen (in Carnuntum war Diana mehr als bloß die Gottheit der Jagd und der Tiere, hier war sie auch eine Muttergöttin sowie die Beschützerin der Soldaten und Gladiatoren des Amphitheaters; und sie besaß auch Züge einer Totengöttin).

Altarsockel neuentdeckt

Im Zusammenhang mit der besucherfreundlichen Gestaltung des Archäologischen Parks von Carnuntum trägt man sich mit der Absicht, das abermals schwer lädierte Tor wieder zu sanieren und während der Nachtstunden mit Scheinwerfern zu beleuchten. Bei damit verbundenen Aushubarbeiten wurde in geringer Tiefe ein Altarsockel entdeckt. Durch diesen Fund ermutigt, will Jobst rund um das Tor weitere Grabungen durchführen lassen. .

Schließlich ist ja ein Teil der ersten Realisierungsphase des Archäologischen Parks abgeschlossen: 1990 wurde die Rekonstruktion des antiken Dianatempels mit Straßenhalle abgeschlossen. 1991 kam es zur Untersuchung und Restaurierung von 100 Metern Limesstraße im Areal des sogenannten Spaziergartens von Schloß Petronell. 1992 wurde das Archäologische Museum Carnunti-num in Bad Deutsch Altenburg wiedereröffnet und nun, im Mai 1993, ist das Informationszentrum mit Medienraum, Museumsshop und Cafeteria am Rand des ausgegrabenen Händler- und Werkstättenviertels beim Spaziergarten fertiggestellt worden.

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